Biografie von Siegfried Bartel
Siegfried Fritz Bartel wurde am 18.03.1924 in der Seegersallee 4 in Neue Schleuse, Kreis Jerichow II (heute Rathenow-West) geboren. Er wurde von Pfarrer Lüdecke getauft. Der Vater Fritz Albert Georg Bartel hatte bei der Geburt seines Sohnes ein Fuhrgeschäft gegründet und belieferte die Menschen im Kreis Jerichow II mit Kohlen, Baustoffen und Futtermittel. Seine Mutter Gertrud Bartel, geborene Nowak, hatte bis zur Hochzeit als Mamsell (Köchin) auf dem Gut Nennhausen gearbeitet.
Gertrud und Fritz Bartel
im April 1958
bei er Konfirmation
von Gerd Greven
Er wuchs mit seiner Schwester Sieglinde auf, die am 04.09.1929 geboren worden war. Von 1930 – 1938 besuchte er die Grundschule in Neue Schleuse, die vom Rektor Willi Zimmermann geleitet wurde. 1938 wurde er von Pfarrer Heine in Neue Schleuse konfirmiert.
Gertrud und Fritz Bartel
Von 1938 – 1941 absolvierte Siegfried Bartel eine Lehre als Kaufmann bei der Firma Erich Laudahn in der Fehrbelliner Straße in Rathenow. Erich Laudahn handelte mit Kohlen und Baustoffen. Nach dem Abschluss der Lehre arbeitete er kurze Zeit als Flugzeuggeräteverwalter auf dem Flughafen Stettin-Altdamm, wurde am 1941 zum Arbeitsdienst und 1942 zum Wehrdienst eingezogen und kam zum Grenadier Einsatz Bataillon 458 nach Stralsund. Nach einer vierwöchigen Grundausbildung in Rawitsch an der schlesisch-polnischen Grenze wurde er zum Truppenübungsplatz Neustettin versetzt, kam aber durch einen Sabotageakt auf der Bahnstrecke von Posen nach Norden erst drei Tage später an. Seine Einheit, die nach Russland fahren sollte, war durch andere Soldaten ersetzt worden und so kam er über Holland und Belgien nach Südfrankreich auf einen Truppenübungsplatz in der Nähe von Bordeaux. Dort erfolgte die Neuaufstellung einer im Osten aufgeriebenen Einheit und Siegfried Bartel kam zum Grenadier Regiment 522. Nach etwa vier Wochen wurde die Einheit in Richtung Jugoslawien in Marsch gesetzt und zwar über Straßburg und Wien. Siegfried Bartel gehörte zur Stabskompanie und wurde in Petrovac, südlich von Belgrad einquartiert.
Die Soldaten suchten in dem Teil des jugoslawischen Banats den Kontakt zu den dort lebenden Deutschen, wurden aber sehr von Partisanenangriffen geplagt. Als 1943 die Italiener das von ihnen besetzte Albanien verließen, musste er mit seiner Kompanie sofort nach Tirana in die ehemaligen italienischen Kasernen einziehen. Flöhe, Wanzen und Läuse und die Lufttemperaturen von 40-50 Grad Celsius machten den Soldaten das Leben schwer. Dazu kamen auch hier die nadelstichartigen Angriffe der Partisanen. Siegfried Bartel hatte das Amt des Kochs übernommen und machte seine Sache recht gut. Als seine Kompanie an die Küste zum Cap Radoni verlegt wurde, bekam er Malaria und erhielt anschließend 20 Tage Heimaturlaub, die viel zu schnell vergingen. 1944 rückte aber auch das Kriegsgeschehen der Alleierten immer näher an die Adria und Bombardements in Wien und Klagenfurt wurden gemeldet. Amerikanische Langstreckenbomber durchzogen das Land. Im August 1944 erging der Befehl nach Deutschland zurückzukehren, um sich neu zu formieren. Der Rückzug gestaltete sich verlustreich und schwierig, denn die russische Armee war schon weit nach Westen vorgedrungen und versperrte den reibungslosen Rückzug nach Deutschland. Auch die Engländer waren schon weit in Europa eingedrungen. Der Bataillonskommandeur Major Frank, ein alter preußischer Offizier, empfahl den Soldaten nach Klagenfurt zu den Engländern überzulaufen. Ein Zehntel von den Ausgerückten Soldaten, etwa 100 - 150 Mann, kamen so in englische Gefangenschaft. Die deutschen Überläufer wurden gefragt, ob sie mithelfen würden, die österreichisch-jugoslawische Grenze gegen raubende Zivilisten und Partisanen zu schützen. Natürlich war Siegried Bartel dazu bereit. Er wurde dann von Klagenfurt nach Aalen gebracht und kam dann nach Wunsdorf bei Hannover und ließ sich zu seinem Onkel nach Lübeck entlassen, weil er nicht in die russisch besetzte Ostzone wollte.
In Lübeck wurde er von seiner Tante und dem Onkel freundlich aufgenommen, beschaffte sich aber bald eine Arbeit bei einer Bekleidungsausgabestelle und ein eigenes Zimmer. In
Lübeck traf er auch eine Freundin seiner Schwester, Ulla Stoffregen, der er behilflich sein konnte. Er erhielt auch Post von seiner Mutter, dass die Russen den Vater mitgenommen hätten und die örtlichen Kommunisten den Betrieb besetzt hatten. So stand es für Siegfried Bartel fest, dass er sofort nach Rathenow zurück musste. Auf abenteuerlichen Wegen erreichte er zwischen Weihnachten und Neujahr 1945 das zerstörte Rathenow. Als er am nächsten Tag mit dem Bürgermeister Franz Archut vorsprach, wurde ihm bedeutet, dass der Betrieb seines Vaters enteignet werde und auf dem Grundstück andere Handwerker angesiedelt werden sollten. Außerdem sollte er sich für die Demontage einer Pulverfabrik in Klietz bereithalten. Wegen einer Parodontose (Zahnfleischentzündung) musste Siegfried Bartel aber den Zahnarzt Dr. Blank in Neue Schleuse aufsuchen, der ihn zum einem Spezialisten nach Genthin überwies. Der Genthiner Kieferchirurg schrieb einen Befund an Dr. Blank, dass er den Patienten nicht für die Demontagearbeiten für geeignet halte. Sehr zum Ärger des Bürgermeisters musste er nach Untersuchung durch den Lagerarzt in Klietz diese Arbeit nicht ausführen. Siegfried Bartel hatte einen Antrag auf Gewerbe beim Bürgermeister gestellt, der umgehend abgelehnt wurde. Auch Versuche in Genthin und in Magdeburg beim Kohlehändlerverband blieben erfolglos. Beim Besuch des Zahnarztes hatte er Fräulein Feige, die resolute Haushälterin von Dr. Marcus, getroffen, die ihm den Rat gab zu Frau Hirschfeld zu gehen, um die Adresse ihres Sohnes in Erfahrung zu bringen, der in Berlin im Innenministerium der Sowjetzone als „Vortragender Rat“ beim Justizminister Scheffer tätig war. Sein Vater, Fritz Bartel, hatte auf einer Nazi-Versammlung in Rathenow gehört, dass man den Sohn des Juden Hirschfeld nach der Versammlung verprügeln wollte und verabschiedete sich unter einem Vorwand frühzeitig und fuhr sofort zu Familie Hirschfeld, die an der Böhner Chaussee wohnte und riet dem Sohn unverzüglich zu fliehen. Der Sohn konnte dadurch gerettet werden. Siegfried Bartel fuhr zu Frau Hirschfeld, die ihm die Dienstadresse des Sohnes und einen Brief an den Sohn mitgab. Zwei Tage später war er in Berlin im Innenministerium. Der Wachmann wollte ihn nicht bei Dr. Hirschfeld anmelden, aber der Brief der Mutter half nach. Nach 15 Minuten kam Dr. Hirschfeld und Siegfried Bartel konnte sein Anliegen vorbringen. Dr. Hirschfeld lud ihn ein, in seine Wohnung nach Berlin-Wannsee zu kommen, wo man alles in Ruhe besprechen könnte. Nachdem er Dr. Hirschfeld sein Schicksal berichtet hatte, meinte der, die Enteignung würde er sofort niederschlagen. Zur Gewerbeerlaubnis sagte er, dass er in Magdeburg den Vorsitzenden des Antifa-Blockes (Zusammenschluss der antifaschistischen Blockparteien), einen SPD-Mann kennen würde, mit dem er am folgenden Tag telefonieren wollte. Zur Verhaftung seines Vaters machte er ihm wenig Hoffnung, da die russischen Dienststellen keine Auskünfte gäben. Er blieb noch eine Nacht bei Dr. Hirschfeld und fuhr voller Hoffnung wieder nach Hause. Nach acht Tagen hatte er die Niederschlagung der Enteignung in Händen und erhielt einen Anruf vom Landratsamt in Genthin, dass er beim Gewerbeamt und bei der Kohlenstelle vorbeikommen sollte. Genthin war die Kreisstadt des damaligen Landkreises Jerichow II, wozu Neue Schleuse gehörte. Am nächsten Tag fuhr Siegfried Bartel die 30 km mit dem Fahrrad nach Genthin und erhielt die schon vorbereitete Gewerbegenehmigung. Der Abteilungsleiter der Gewerbestelle entschuldigte sich bei ihm und meinte, dass der Antrag auf die falschen Berichte des Bürgermeisters hin abgelehnt worden war. Anschließend erhielt er von Herrn Sieg, dem Leiter der Kohlenstelle eine Freigabe für 30 Raummeter Brennholz, denn an Kohlen war nicht zu denken, da alle Brikettfabriken nur für die russische Rote Armee arbeiten mussten. Als Siegfried Bartel wieder nach Hause kam, lag eine Verpflichtung des Bürgermeisters vor, er solle in der Schule einen Tag lang Jauche von der Toilette in den Garten schöpfen. Bei dieser Arbeit kam er auch mit dem ehemaligen Rektor Zimmermann und seine Frau ins Gespräch. Das Ehepaar bat ihn, falls er bei seinem Geschäft jemand im Büro suchte, an ihre Tochter zu denken, die in der Altmark in der Landwirtschaft arbeiten musste, was er versprach. Siegfried Bartel selbst schreibt über diese Zeit. Und nun? Kein Pferd, kein Auto , kein Werkzeug, alles weg. Durch Zufall konnte ich ein altes Motorrad kaufen. Auf dem Gutshof in Großwudicke entdeckte ich einen alten Kreissägebock mit Blatt, aber ohne Motor. Mit einem alten PKW-Anhänger, den ich mir ans Motorrad band, wurde die Säge herangeholt und aufgearbeitet. In einer leeren Fabrik in Rathenow fand ich einen großen Elektromotor. Von unserer Häckselmaschine wurde der Treibriemen von einem Sattler auf die passende Länge gebracht, und schon war die Säge fertig. Ich sprach Franz Schubert aus der Gebhardtstraße an, der Besitzer eines kleinen Treckers war, ob er mir nicht das Holz aus Wudicke holen wollte. Und schon konnte die Arbeit losgehen. Mit der Ausgabe von Lebensmittelkarten wurden auch Sondermarken für besondere Artikel wie Holz ausgegeben. Vom Landratsamt wurde die Menge festgesetzt. In der Gebhardtstraße befand sich eine russische Bäckerei. Ein Offizier kam zu mir und beauftragte mich gegen Bezahlung Holz zu sägen. Außerdem fiel für die Kollegen ein Kommissbrot ab. Nach ein bis zwei Monaten bekam ich vom Landratsamt den Hinweis, dass bei Lieferung von Naturalien von den Brikettfabriken die doppelte Menge an Kohlen eingetauscht werden könnte.
Die Anfänge des
Fuhrunternehmens
Ich hörte mich bei den Bauern der Umgebung um. Es bestand Interesse. So konnte ich die ersten 150 Zentner vermitteln. Nach Absprache mit dem Direktor der Kohlehandelszentrale, den ich durch meinen Lehrbetrieb und durch meinen Vater kannte, wurde mir ein voller Waggon mit Briketts geliefert. Die Nachfrage bei den Bauern wurde größer, die Umtauschquote konnte ich noch zu meinen Gunsten verbessern, und so hatte ich mir schon einen kleinen Überschuss geschaffen. Mit diesem Resultat fuhr ich nach Genthin und bot dem Leiter der Kohlenstelle an, kleinere Mengen an Kohlen an die Bäckereien auszuliefern. Der Leiter der Kohlenstelle bat mich, mit ihm zum Landrat Albrecht in Genthin zu gehen, damit dieser von der Redlichkeit überzeugt werden könne, da der Bürgermeister Archut jede Gelegenheit nutzte, um mich schlecht zu machen. Der Landrat sagte noch zu mir, wenn ich Probleme hätte, solle ich zu ihm kommen. Bei einer Autofahrt mit dem Kreisbaudirektor nach Halle, unternahm ich den Versuch, bei der ehemaligen Firma „Norddeutscher Zementverband“ geschäftliche Beziehungen aufzunehmen. Auch dort ging es nach dem Motto „Zement für Naturalien“. Ich konnte 10 Tonnen Zement mit einer Freigabe abholen. Bei der Rückfahrt war eine der ersten Fragen des Kreisbaudirektors: “Na, Herr Bartel, natürlich ohne Erfolg? Ich habe doch selbst schon alles versucht und nie etwas erreicht.“ Auch das lief gut an und nach vier Wochen konnte der Kreisbaudirektor fünf Tonnen Zement für die Ausbesserung einer Brücke in Sandau erhalten. Auf einer Versammlung der Kohlehändler des Kreises Genthin wurde uns eine Abholbescheinigung für 150 Tonnen Briketts ab Fabrik Bergwitz bei Wittenberg angeboten. Der Händler müsste aber die Abfuhr ab Werk selbst organisieren. Dieselkraftstoff stünde zur Verfügung. Keiner der 20 Versammelten traute es sich zu. Ich bat um zwei Tage zur Entscheidung, die man mir zusagte. Die Kollegen belächelten mich. Schon auf der Rückfahrt suchte ich zwei Fuhrbetriebe auf. Die Firma Hartung in Neuenklitsche hatte einen 12 Tonnenlastzug. Die zweite Firma Giese in Bützer sollte den Rest erledigen. Beide Firmen konnten aber erst in 14 Tagen die Transporte übernehmen. Ich rief trotzdem in Genthin an und holte den Schein, obwohl der Abholtermin kürzer war. Am nächsten Tag fuhr ich mit drei Kollegen mit Forken und Schippen nach Bergwitz zum Bürgermeister mit der Frage: „Ich suche einen Platz, um Briketts zwischenzulagern.“ Er nannte mir eine ehemalige Hühnerfarm der Firma Tamm. Wir wurden uns einig. Von dort fuhr ich in die Brikettfabrik, vor der eine lange Schlange wartender Fahrzeuge stand. Dort sprach ich ein paar Fuhrleute an, ob sie im Nachteinsatz die 150 Tonnen Briketts zur Firma Tamm fahren könnten. Sie sagten mir das zu bei Gestellung von Dieselmarken. Ich meldete mich auf der Rückfahrt in Genthin mit dem Bescheid, die Kohlen sind für den Kreis in Bergwitz auf Lager und werden auf Anweisung ausgeliefert. “Wir geben Ihnen für den nächsten Monat einen Schein über weitere 250 Tonnen und hoffen auf Ihre Hilfe. Außerdem, kommen Sie, wir gehen sofort zum Landrat zur Erfolgsmeldung,“ war das Echo im Amt. Dort drückte mir der Landrat seinen Dank aus und sagte: „Solche jungen Leute wie Sie brauchen wir in dieser Zeit.“ Als die ersten LKW mit Kohlen eintrafen, und ich abends davon noch eine Fuhre bei zwei Bäckereien entlud, machte der Bürgermeister bei der Polizei Anzeige, ich hätte Kohlen bi Nacht verschoben. Er wurde danach zum Landrat gerufen und bekam eine Standpauke, wie mir der Leiter der Kohlenstelle sagte, der dabei war und mir wohlgesonnen war.
Ich hatte inzwischen einen Betrieb mit fünf Beschäftigten aufgebaut. Im Büro war Fräulein Ursula Zimmermann für die Buchhaltung und alles Schriftliche eingestellt worden. Karl Krüger war für den Verkauf zuständig. An der Säge arbeiteten zwei Männer und ein Mann fuhr mit Franz Schubert, um Holz und anderes heranzuholen. Durch einen Zufall fand ich einem Sammellager in Rathenow einen alten LKW der technischen Nothilfe Berlin, einen NAG (Nationale Automobil Gesellschaft) Protos, Baujahr 1920 mit Konuskupplung und Kulissenschaltung. Ich stellte noch einen jungen Autoschlosser, Helmut Mattusch, ein, der dieses alte Vehikel zum Laufen bringen sollte. Irgendwo entdeckten wir noch einen Imbert-Holzgenerator, und nach vier bis sechs Wochen gab er die ersten Töne von sich. Die Freude war groß. Wir konnten nun selbst ohne fremde Hilfe Waren für die Bevölkerung heranholen, zum Beispiel Nasspresssteine aus Genthin oder Torf aus Ferchels am Schollener See. Ende 1946 Anfang 1947 erfolgten auch die ersten Lieferungen an Braunkohle und Briketts vom Großhandel, um die Bevölkerung zu versorgen. Ich hatte schon die alten Orte, die mein Vater schon belieferte in meinen Kundenkreis aufgenommen. Es waren Neue Schleuse (heute Rathenow-West), Göttlin, Grütz, Böhne, Vieritz und Zollchow mit Galm. In der Zwischenzeit war mein gutes und freundschaftliches Verhältnis zu Fräulein Ulla Zimmermann nach meiner, wie unter jungen Leuten üblichen Überzeugung, so weit gekommen, dass wir heiraten wollten. Böse Leute sagte, ich wollte das Gehalt meiner Hauptbuchhalterin sparen. Der Entschluss stand fest. Also auf in den Kampf zur Absegnung durch die Schwiegereltern. Man tat dort so, als würde man von allem nichts gemerkt haben, und mein ehemaliger Rektor stellte mir die Frage: “Welche willst Du denn haben?“ Ich wollte die sanfte und liebe kleine Ulla, die ich noch bequem im Arm tragen konnte.
Rektor Willi Zimmermann und seine Frau Marie
Der 27.09.1947 wurde als Hochzeitstag festgelegt. Alle Vorbereitungen auf das Fest konnten geplant und eingeleitet werden. Karnickel-, Hühner- und Ziegenbraten und anderes wurde von den Müttern ins Gespräch gebracht. Listen der Einzuladenden wurden erstellt. Wein, Likör und harte Sachen wurden gehamstert. Ein großes Problem waren die beiden Eheringe. Ein Uhrmacher aus Neue Schleuse erklärte sich bereit, bei einem Anteil von Goldabgabe die Ringe mit Gravur zu liefern. Es war nach dem Krieg (1939 -1945)eine der ersten größeren Hochzeiten mit viel Aufmerksamkeit der Bevölkerung. Die Veranda war alles voller Blumen. Leider fehlte mein Vater, was von allen bedauert wurde. Pastor Krause traute Siegfried Bartel mit Maria Ursula Zimmermann (31.03.1919 -17.12.1987) in Neue Schleuse.
Ursula Bartel
Nach 14 Tagen machten wir eine Hochzeitsreise in den Harz. Wir waren glücklich, es so weit geschafft zu haben. Wir verlebten im Harz ein paar herrliche Tage. Bad Blankenburg und Umgebung wurde durchwandert. In den Gaststätten gab es schon mal unter Abgabe von wenig Fett- und Fleischmarken herrliche Pilzbouletten, die uns als etwas ganz Neues beeindruckte. Die Zeit verging wie im Fluge. Zu Hause wieder angekommen, erwartete uns viel Arbeit. Aber wir waren jung und die Arbeit machte uns auch bei geringem Erfolg Freude.
von links: Ursula Bartel, Siegfried Bartel mit Schwester
Sieglinde Klose, geb. Bartel
Am Wochenende waren wir oft mit dem Motorrad in der Altmark, um die Zimmermannsche und Arnussche Sippe zu besuchen. Am 05.06.1949 wurde unser Sohn Wilfreid und am 17.02.1957 unser Sohn Ekkehard geboren. Wir waren glücklich, dass sich unsere Kinderwünsche erfüllt hatten.
Ursula Bartel mit Sohn Ekkehard
Soweit der persönliche Bericht von Siegfried Bartel über die schwierigen Zeiten nach dem Krieg. Seine organisatorische und kaufmännische Begabung und sein Fleiß halfen ihm viele Hindernisse zu überwinden und seinen kleinen Betrieb geschickt durch die Wirren der kommunistischen Willkür zu führen. Eine große Freude war die Rückkehr des Vaters im August 1948 aus dem KZ Buchenwald. Er war bis zum Skelett abgemagert und seine Frau päppelte ihn geduldig wieder auf und beide Eltern widmeten sich erfolgreich der Aufzucht von Schweinen, Kälbern und Rindern. Bis 1950 ging es mit dem Betrieb ständig aufwärts, sodass zeitweilig bis zu 10 Beschäftigte angestellt werden konnten. 1948 war eine Gebietsreform in Kraft getreten und Neue Schleuse, Göttlin, Grütz , Steckelsdorf, Böhne, Vieritz und Zollchow kamen zum Kreis Rathenow im Bezirk Potsdam. Der Betrieb hatte sich zu einem reinen Gütertransportunternehmen entwickelt. 1957 musste die Transportleistungen für ein Jahr zum Einsatz im Betrieb „Schwarze Pumpe“ bei Spremberg zur Verfügung gestellt werden. Danach war die Firma Bartel hauptsächlich auf Baustellen im Einsatz. Es gab natürlich nach wie vor kleinliche Behinderungen bei der Zuteilung von Benzin. Aber auch dieses Problem konnte Siegfried Bartel durch geschicktes Verhandeln aus dem Weg räumen. „Ich habe immer versucht, Probleme möglichst gütlich zu lösen, es hat sich oft als der bessere Weg bezahlt gemacht.“ 1986 übergab Siegfried Bartel sein Unternehmen an seine beiden Söhne und verlebte mit seiner Frau Ursula ein gutes Jahr ohne den Druck eines Betriebes im Nacken zu haben. Rückblickend war es für das Ehepaar Bartel ein erfülltes Jahr, denn seine Frau starb am 17.12.1987. Mit 63 Jahren fühlte er sich noch zu lebendig, um keine neue Bindung einzugehen. Nach einem sehr behutsamen Werben um eine neue Partnerin, heiratete er in Rathenow am 28.04.1989 Gisela Gudrun adoptierte Flügge, geborene Zollenkopf.
Siegrfried Bartel mit seiner Frau Gisela
Die Trauung fand durch die Schwester der Braut, Pfarrerin Dorothea Hallmann, in der Dorfkirche in Hohennauen statt. Der Trauspruch lautete: Gott spricht: ich will mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen. Sei getrost und unverzagt. Josua 1,5-6
Gisela und Siegfried Bartel mit ihren Kindern und Enkeln
am 85. Geburtstag von Siegfried Bartel
Siegfried Bartel ist ein Mensch, der an historischen Dingen interessiert ist. Besonders die Heimatkunde hat es ihm angetan. Er besitzt ein umfangreiches Archiv. Er hat seine Ziegelsteinsammlung vor Jahren an das Rathenower Heimatmuseum verschenkt. Am 23.03.2015 trat er dem Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow bei, weil er den Wiederaufbau des Gotteshauses unterstützen möchte.
Gisela und Siegfried Bartel
Mit zunehmenden Alter hat ihn eine tiefe Frömmigkeit ergriffen. Er sieht auch in den Dingen des Alltags Gottes Wirken.
Gisela und Siegfried Bartel
am 01.07.2007
im Hof der Lutherkirche in Rathenow
Am 23.06.2016 hat ihn Gott nach einem reich erfüllten Leben im Alter von 92 Jahren zu sich genommen.
Nachruf
(*18.03.1924 - † 23.06.2016)
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
(Joseph von Eichendorff)
Am 23.06.2016 hat Gott der Herr, gelobt sei sein Name, Siegfried Bartel nach einem reich erfüllten Leben im gesegneten Alter von 92 Jahre zu sich genommen. Er war ein Rathenower, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg in schlimmen Nachkriegszeiten sehr um die Stadt verdient gemacht hat und die große Not durch sein kaufmännisches Geschick zu lindern suchte.
Die Trauerfeier fand am Freitag, den 08.07.2016 auf dem Friedhof in Rathenow-West statt.
Statt Blumen bat die Ehefrau um eine Spende für den
Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche: DE07160919940001070100 oder
für die Deutsche Kriesgsgräberfürsorge DE74160500004853321182.
Wir sind traurig.
© Dr. Heinz-Walter Knackmuß