Biografie von Dr. Frank-Walter Steinmeier
Dr. Frank-Walter Steinmeier wurde am 05.01.1956 in Detmold, Kreis Lippe, geboren. Sein Vater, Walter Gustav Reinhold Steinmeier war Tischler und seine Mutter, Ursula Steinmeier, geborene Broy, arbeitete in einer Fabrik. Dr. Frank-Walter Steinmeier ist in der Friedrich-Wienke- Volksschule in Brkelsiek eingeschult worden. Er sit in Schwalenberg getauft und 1970 konfirmiert worden. Von 1966 -1974 besuchte er das Neusprachliche Gymnasium in Blomberg und legte dort das Abitur ab. Von 1974 -1976 leistete er seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr ab. 1976 trat er in die SPD ein und studierte von 1976 -1982 Jura und seit 1980 auch Politikwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen. 1982 legte er die erste Juristische Staatsprüfung ab und arbeitete dann in Frankfurt am Main und Gießen im Juristischen Vorbereitungsdienst. 1986 legte er die zweite Juristische Staatsprüfung ab und arbeitete danach als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Gießen. Ab 1991 wird er zum Referenten für Medienrecht und Medienpolitik in der Niedersächsischen Staatskanzlei berufen. Von 1993 -1994 war er Leiter des persönlichen Büros des niedersächsischen Ministerpräsidenten, Gerhard Schröder. 1994 bekleidete er das Amt des Leiters der Abteilung für Richtlinien der Politik, Ressortkoordinierung und –planung in der niedersächsischen Regierung. 1998 wurde er zum Staatssekretär und Leiter der Niedersächsischen Staatskanzlei ernannt. Von 1999 – 2005 war er Leiter des Bundeskanzleramtes unter dem Bundekanzler Gerhard Schröder. Vom 22.11.2005 – 2009 war er Bundesaußenminister und Vizekanzler unter der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Am 22.11.2007 wurde er zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD gewählt und ab 29.09.2009 ist er Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag. Seit dem 17.12.2013 ist er erneut Bundesminister des Auswärtigen. Am 12.02.2017 wurde er zum Bundespräsidenten gewählt.
Am 27.12.1995 heiratete er in Hannover die Verwaltungsrichterin Elke Büdenbender. Dem Ehepaar wurde am 08.03.1996 die Tochter Merit geboren.
Vom 22.11.2005 - 27.10.2009 war er Bundesminister des Auswärtigen der Bundesrgierung ernannt.
Am 12.07.2007 trat er dem Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e.V. bei. An seinem Ministeriumssitz in Berlin signierte der Vizekanzler und SPD-Bundestagskandidat für den Wahlkreis 61 am 19.05.2009 zwei Steine für den Wiederaufbau der Gewölbe im Mittelschiff. Dazu waren aus Rathenow Pfarrer Andreas Buchholz, der Vorsitzende des Förderkreises Dr. Heinz-Walter Knackmuß und Roland Schulze von der Baudenkmalpflege Potsdam angereist.
Roland Schulze von der der Baudenkmalpflege Potsdam (links), Pfarrer Andreas Buchholz (Mitte) und Dr. Frank-Walter Steinmeier (rechts) mit zwei signierten Bausteinen
Dr. Frank-Walter Steinmeier sagte: „Ich bin sehr gerne bei dieser Aktion dabei; ich schätze das große bürgerschaftliche Engagement, das sich für Rathenow und die Kirche einsetzt. Ich hoffe, dass noch möglichst viele Menschen Dachsteine spenden, damit die Kirche weiter aufgebaut werden kann.“
Dr. Frank-Walter Steinmeier mit
Keramikdachstein und Dachsteinurkunde
Die Sankt-Marien-Andreas-Kirche ist das Wahrzeichen der Stadt Rathenow und wurde in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges von Granaten getroffen und brannte völlig aus. Nur notdürftig wurde in den 50iger Jahren das Dach des Kirchenschiffes repariert. Der Bundeaußenminister und Vizekanzler Dr. Frank-Walter Steinmeier spendete am 19.05.2009 zehn Dachsteine (Nr. 3069 –3078) für den Wiederaufbau des maroden Daches des Kirchenschiffes und den Wiederaufbau der vier Sterngewölbe im Schiff.
SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzender Dr. Frank-Walter Steinmeier
mit Säulensteinurkunde und Gewölbegrundrissstein
in seinem Büro im Jakob-Kaiser-Haus in Berlin
Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, Dr. Frank-Walter Steinmeier, besuchte am 13.09.2011 zwei Stunden lang die Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow und ließ sich über die Baufortschritte und die Geschichte des Gotteshauses berichten. Anlässlich seines Besuches wurde der Film der Roland Schulze Baudenkmalpflege GmbH aus Potsdam über den Wiederaufbau der Kreuzgewölbe im Kirchenschiff uraufgeführt, wobei der Juniorchef der Firma, Christoph Schulze, anwesend war. Dr. Frank-Walter Steinmeier spendete bei seinem Besuch die Säulensteine Nr. 1729 -1748 (100,00 €) für den Wiederaufbau der Kreuzgewölbe im Chorraum der Sankt-Marien-Andreas-Kirche. Am 04.01.2012 überreichte ihm der Förderkreis in seinem Büro im Jakob-Kaiser-Haus des Bundestages in Berlin die Säulensteinurkunde und einen Gewölbegrundrissstein.
Dr. Frank-Walter Steinmeier mit der DVD über den Wiederaufbau der Kreuzgewölbe
überreicht durch Christoph Schulze
von der Roland Schulze Baudenkmalpflege GmbH in Potsdam
Der Juniorchef der Baudenkmalpflege, Christoph Schulze, überreichte Dr. Frank-Walter Steinmeier gleichzeitig eine Kopie des Films vom Wiederaufbau der Kreuzgewölbe. Der 15 Minuten lange Film über den Wiederaufbau der Kreuzgewölbe ist in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche auf DVD gegen eine Mindestspende von 5,00 € erhältlich. Der Erlös wird für den Wiederaufbau der Kirche verwendet.
Der Förderkreis bedankt sich für die Spende und das Engagement des SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzenden Dr. Frank-Walter Steinmeier für die Sankt-Marien-Andreas-Kirche.
Dr. Frank-Walter Steinmeier wurde am 12.02.2017 zum 12. Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
Weihnachtsgrüße des Bundespräsidenten 2017
Rede gegen Neonazis
am 22.11.2011 im Bundestag
Papst Franziskus empfing Bundesprädisdenten
Am 09.10.2017 empfing Papst Franziskus in Rom den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland Dr. Frank-Walter Steinmeier und seine katholische Gattin Elke Büdenbender. In dem einstündigen Gespräch ging es um Fremdenfeindlichkeit in Deutschland. Der evangelische Bundespräsident betonte, dass er alle Kräfte daran setzen werde, die Menschen, die sich in Deutschland fremd fühlten, wieder das Gefühl zu geben, dass Deutschland ihnen Heimat bleiben wird. Er glaube daran, dass man die Menschen zurückgewinnen könne. Er sehe es auch als seine Aufgabe an, mit den Vertretern der Fremdenfeindlichkeit politische Gespräche zu führen.
Am 13.02.2022 wurde er von der Bundesversammlung das zweite Mal zum Bundespräsidenten von Deutschland gewählt. Nach der Wahl zum 13. Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland sagte er.
Ich danke Ihnen! Ich danke für das Vertrauen derer, die für mich gestimmt haben. Und ich bitte um das Vertrauen derer, die es heute nicht tun konnten. Das Amt des Bundespräsidenten ist ein überparteiliches, und ich verspreche Ihnen: So werde ich es weiterführen. Meine Verantwortung gilt allen Menschen, die in unserem Land leben. Überparteilich werde ich sein, ja – aber ich bin nicht neutral, wenn es um die Sache der Demokratie geht. Wer für die Demokratie streitet, der hat mich auf seiner Seite. Wer sie angreift, wird mich als Gegner haben! Dass Sie mir dieses Amt für weitere fünf Jahre anvertrauen, bewegt mich sehr. Es ist mir eine Ehre, eine Freude. Meine Freude aber wäre größer, wenn die Bundesversammlung unter anderen Bedingungen stattfinden könnte, ohne die Beschränkungen der Pandemie. Aber wichtiger noch: Meine Freude wäre größer, wenn unsere Bundesversammlung nicht in eine Zeit der Sorge fiele, Sorge um den Frieden in Europa. Die Abwesenheit von Krieg auf unserem Kontinent war uns zur Gewohnheit geworden – geschützt von Freunden, in Frieden mit den Nachbarn, seit über dreißig Jahren wiedervereint. Welch ein Glück für unser Land! Doch in diesen Tagen lernen wir neu, was wir hätten wissen können: Frieden ist nicht selbstverständlich. Er muss immer wieder erarbeitet werden, im Dialog, aber wo nötig, auch mit Klarheit, mit Abschreckung, mit Entschlossenheit. All das braucht es jetzt. Zur Klarheit gehört eines: Man mag viel diskutieren über die Gründe der wachsenden Entfremdung zwischen Russland und dem Westen. Nicht diskutieren kann man dies: Wir sind inmitten der Gefahr eines militärischen Konflikts, eines Krieges in Osteuropa. Und dafür trägt Russland die Verantwortung! Russlands Truppenaufmarsch kann man nicht missverstehen. Das ist eine Bedrohung der Ukraine und soll es ja auch sein. Aber die Menschen dort haben ein Recht auf ein Leben ohne Angst und Bedrohung, auf Selbstbestimmung und Souveränität. Kein Land der Welt hat das Recht, das zu zerstören – und wer es versucht, dem werden wir entschlossen antworten! Nicht nur in der Ukraine, in vielen Ländern Osteuropas wächst die Angst. Deshalb stehen wir an der Seite der Esten, der Letten, der Litauer; wir stehen gemeinsam mit Polen, Slowaken und Rumänen und allen Bündnispartnern: Sie können sich auf uns verlassen. Deutschland ist Teil der NATO und der Europäischen Union. Ohne sie würden wir Deutsche nicht in Einheit und Freiheit leben. Das vergessen wir nicht. Ohne jede Zweideutigkeit bekennen wir uns zu den Verpflichtungen in diesem Bündnis. Verehrte Delegierte, unsere Gemeinschaft ist die Gemeinschaft liberaler Demokratien, die die Stärke des Rechts über das Recht des Stärkeren stellt. Ich weiß wohl: In den Augen von autoritären Herrschern gelten demokratische Institutionen als schwach. Dort, wo alle Macht in einer Hand konzentriert ist, verachtet man eine Versammlung wie diese als belangloses Ritual. Dort gelten demokratische Entscheidungsprozesse als Schwäche, das Recht als Bremsklotz, das Bemühen um Freiheit und Glück der Bürgerinnen und Bürger als naiv. Aber ich kann Präsident Putin nur warnen: Unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie!
Warum bin ich da so sicher? Unsere Demokratie ist stark, weil sie getragen wird von ihren Bürgerinnen und Bürgern. Weil sie ihre Kraft nicht mit Unterdrückung, nicht mit Drohung nach außen und Angst im Inneren erkauft. Weil sie den Menschen mehr zu bieten hat als Ideen von nationaler Größe und Herrschaft über andere. Demokratien sind nicht alle gleich, nein. Aber sie sind einander im Inneren verwandt. Und auch dies verbindet uns: Wir suchen nicht die Konfrontation nach außen. Das ist die gleichlautende Botschaft aus Washington, Paris und Berlin in diesen Tagen: Wir wollen friedliche Nachbarschaft in gegenseitigem Respekt. Bald jährt sich zum 50. Mal die Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki: Möge dieser Jahrestag nicht der Anlass sein, an dem wir uns in Ost und West das Scheitern der Bemühungen um dauerhaften Frieden in Europa eingestehen müssen. Arbeiten wir im Gegenteil für die Erneuerung dieses kostbaren Erbes. Ich appelliere an Präsident Putin: Lösen Sie die Schlinge um den Hals der Ukraine! Suchen Sie mit uns einen Weg, der Frieden in Europa bewahrt! Unsere Demokratie ist stark – und auch die heutige Versammlung ist ein selbstbewusster Ausdruck dieser Stärke. Schauen Sie sich um in dieser großen Runde: Dass Sie alle heute hier sind, aus allen Teilen unseres Landes, allen Widrigkeiten der Pandemie zum Trotz, das zeigt: Wir achten unsere demokratischen Institutionen. Wir wissen, dass diese Demokratie von der Vielfalt lebt, die Sie alle heute repräsentieren. Und diese Versammlung zeigt noch etwas: Es gibt in diesem Land, jenseits der Logik von Regierung und Opposition, eine ganz breite Mehrheit für die Stärkung unserer Demokratie. So verstehe ich Ihren Auftrag. Und dafür will ich mein Bestes geben! Ich will an dieser Stelle aber auch meinen Respekt ausdrücken für meine Mitbewerberin und Mitbewerber in dieser Wahl. Gestatten Sie mir, sehr geehrter Professor Trabert, noch ein zusätzliches Wort. Sie haben mit Ihrer Kandidatur auf ein Thema aufmerksam gemacht, das mehr Aufmerksamkeit verdient: die Lage der Ärmsten und Verwundbarsten in unserem Land. Dafür gebührt Ihnen nicht nur Respekt, sondern ich hoffe, dass Ihr Impuls erhalten bleibt. Das Thema Obdachlosigkeit beschäftigt uns beide – Sie wissen es – seit langer Zeit. Warum schauen wir nicht, ob wir diesem drängenden Thema gemeinsam mehr Aufmerksamkeit verschaffen können? Ich würde mich freuen, wenn wir darüber ins Gespräch kämen. Verehrte Delegierte, unterschätzen wir nicht die Stärke der Demokratie. Aber unterschätzen wir auch nicht die Herausforderungen, vor denen sie steht! Gegner der Demokratie, von außen und von innen, säen in der Pandemie Zweifel an unserer Handlungsfähigkeit, an unseren Institutionen, an der freien Wissenschaft und den freien Medien. Ja, es stimmt: Unser Weg heraus aus der Pandemie ist kein geradliniger. Es gab Fehler und Fehleinschätzungen, auch bei uns. Aber man zeige mir ein autoritäres System, das besser durch die Pandemie gekommen wäre! Oder haben sich die selbsternannten starken Männer aller Welt nicht in Wahrheit selbst entzaubert in dieser Krise? Standen die Kaiser mit ihren protzigen Kleidern, mit ihren Schuldzuweisungen und Verschwörungstheorien, nicht am Ende ziemlich nackt da? Der entscheidende Durchbruch im Kampf gegen die Pandemie, die Impfstoffentwicklung in Rekordzeit – die gelang hier, in der freien Wissenschaft, dank brillanter Forscherinnen und mutiger Unternehmer, hier in Mainz, in Deutschland, mit unseren Partnern in Europa und den USA. Wir sollten, bei aller notwendigen Selbstkritik, unser Licht nicht unter den Scheffel stellen! Wenn ich auf unser Land blicke, dann sehe ich Menschen, die sich Monat für Monat durch diese Pandemie kämpfen – und zwar nicht, weil sie mit eiserner Hand dazu gezwungen werden. Sondern weil sie immer wieder selbst darum ringen, das Richtige zu tun, durchzuhalten, anzupacken! Die übergroße Mehrheit in unserem Land handelt verantwortungsvoll und solidarisch – seit zwei langen Jahren, die sich für viele anfühlen wie eine Ewigkeit. Als Ihr alter und Ihr neuer Bundespräsident möchte ich Ihnen von Herzen danken für diesen großen, gemeinsamen Kraftakt. Ganz herzlichen Dank dafür!
Aber – wir spüren auch das andere. Wir spüren: Nach zwei Jahren Pandemie macht sich Frust breit, auch Enttäuschung, zunehmend Gereiztheit. Wir haben uns aufgerieben im Streit um den richtigen Weg, im Streit weit über die Politik hinaus: in den Betrieben, an den Schulen, unter Freunden, Kollegen, bis hinein in jede Familie. Die Pandemie hat tiefe Wunden geschlagen in unserer Gesellschaft. Ich möchte dabei helfen, diese Wunden zu heilen. Aber denen, die Wunden aufreißen, die in der Not der Pandemie Hass und Lügen verbreiten, die von "Corona-Diktatur" fabulieren und sogar vor Bedrohung und Gewalt nicht zurückschrecken, gegen Polizistinnen, Pflegekräfte oder Bürgermeister – denen sage ich: Ich bin hier, ich bleibe. Ich werde als Bundespräsident keine Kontroverse scheuen. Demokratie braucht Kontroverse. Aber es gibt eine rote Linie und die verläuft bei Hass und Gewalt. Und diese rote Linie müssen wir halten in diesem Land! Ich fürchte, die Gegner der Demokratie werden nach der Pandemie nicht leiser werden, sie werden sich neue Themen suchen und vor allem neue Ängste, von denen es reichlich gibt in dieser Zeit: Werden unsere Kinder noch denselben Lebensstandard haben wie wir heute? Kann ich Schritt halten mit dem Lauf der digitalen Welt? Fällt unser Land hinten runter im globalen Wettbewerb? Solche Sorgen sind Nährboden für die, die mit der Angst ihr politisches Geschäft betreiben. Und ich fürchte, sie tun es auch mit dem großen Thema unserer Zeit: dem Kampf gegen den Klimawandel. Diese große Aufgabe, die Transformation hin zu einer nachhaltigen Lebensweise auf unserem Planeten, die sucht kein Land, keine Regierung sich einfach aus. Sie ist nicht weniger als die Überlebensfrage der Menschheit.
Und diese Aufgabe bringt uns in eine Epoche des Aufbruchs und des Umbruchs. Mehr Aufbruch, hoffen manche; mehr Umbruch, fürchten andere. Ich bin überzeugt: Wenn wir aus den großen Umbrüchen einen gemeinsamen Aufbruch machen wollen, dann geht das nicht durch staatliche Verordnung allein. Dann müssen wir Brücken bauen! Brücken bauen zwischen den Generationen; zwischen den Alteingesessenen und denen, die neu hinzukommen; Brücken zwischen Start-Up und Hochofen; zwischen Großstadt und plattem Land; zwischen den Gesprächen in der Kneipe und denen in Brüssel und Berlin. Kurzum: Wir brauchen Brücken in Richtung Zukunft, die breit und stark genug sind, dass wirklich alle darüber gehen können. Dafür will ich arbeiten! Und ich will das Gespräch darüber mitnehmen ins ganze Land, in die Winkel unserer Gesellschaft, fernab vom Selbstgespräch der Hauptstadt, das viele nicht erreicht. Ich will Orte besuchen, an denen Menschen Verluste erleben – und, ja: Es gibt Verluste. Es gibt Orte, die sich völlig neu erfinden müssen. Keiner dieser Orte liegt am Rand der Gesellschaft. Sie alle braucht es für die Zukunft. Sie alle braucht es für einen neuen Zusammenhalt. Es bleibt unsere Erfahrung: Transformation wird nur gelingen, wenn auch die Schwächeren etwas zu gewinnen haben. Und es bleibt unsere Gewissheit: Jeder, den wir verlieren, fehlt der Demokratie! Solche Gespräche brauchen vor allem eines: Zeit. Die müssen wir uns nehmen, wenn wir nicht dauerhaft aneinander vorbeireden, wenn wir uns nicht in falschen Konflikten verlieren wollen. Ich werde mir diese Zeit nehmen, und auf Zeit-Reise gehen durch unser Land. Der Übergang meiner Amtszeit fällt auf den 18. März, den Tag der Märzrevolution und der ersten freien Wahlen in der DDR. An diesem stolzen Tag unserer Demokratiegeschichte beginne ich meine Reise durch die Regionen, und verbringe – sehr bewusst – den ersten Tag der neuen Amtszeit in Ostdeutschland. Ich freue mich darauf.
Liebe Delegierte, das Vertrauen, das Sie diesem Amt und das Sie mir entgegenbringen, ist ein kostbares Geschenk. Ich verspreche Ihnen: Ich werde behutsam und respektvoll damit umgehen.
Ein Bundespräsident kann alte Gewissheiten nicht zurückholen. Natürlich nicht. Aber er kann helfen, Zukunftsangst zu nehmen und Zuversicht zu geben. Er kann daran erinnern, wie viele Krisen wir in siebzig Jahren erfolgreich überwunden haben, wie die Ostdeutschen eine Diktatur zu Fall brachten, wie wir an einem vereinten Europa mitgebaut haben. Er kann Menschen Mut machen, Verantwortung zu übernehmen, ihnen den Rücken stärken, wo immer sie sich engagieren und Lösungen suchen für die Probleme unserer Zeit. Vertrauen in Demokratie ist doch am Ende nichts anderes als Vertrauen in uns selbst. In unserem Grundgesetz steht schließlich nicht: "Alles Gute kommt von oben", sondern da steht: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus." Das ist das Versprechen unserer Verfassung an uns Bürger. Aber darin liegt auch ein Versprechen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern: "Zieh Dich nicht zurück, sondern übernimm Verantwortung." Das ist die doppelte Natur der Demokratie: Sie ist Versprechen und Erwartung zugleich. Demokratie ist eine Zumutung. Und Mut zu machen zu dieser Zumutung – das genau ist meine Aufgabe. Es gibt manche, die sagen, die liberale Demokratie sei auf dem Abstieg. Dieses Jahrhundert, sagen andere, werde das Zeitalter der Autoritären, der harten Hand. Sie merken es: Ich halte nichts von solchen Abgesängen. Nein, nur eines ist gewiss: Die Zukunft ist offen. Und auf diese Offenheit hat niemand, kein Autokrat und keine Ideologie, bessere Antworten als die Demokratie.
Also: Machen wir uns nicht selbst klein! Seien wir nicht ängstlich! Packen wir die Zukunft bei den Hörnern! Mögen die Autoritären doch ihre Eispaläste und Golfressorts bauen. Nichts davon ist stärker, nichts leuchtet heller als die Idee der Freiheit und Demokratie in den Köpfen und Herzen der Menschen!
Jede und jeder von Ihnen, hier im Saal und im ganzen Land, jeder, der sich um mehr kümmert als nur sich selbst – der gewinnt ein Stück Zukunft für uns alle. Jeder und jede, die sich engagiert – im Beruf oder im Ehrenamt, im Gemeinderat oder im Verein – der kämpft den Kampf um die Zukunft der Demokratie!
Jede und jeder, der anpackt, im Großen und im Kleinen – der bringt die Kraft der Demokratie zum Leuchten! Liebe Landsleute: Gehen wir‘s gemeinsam an. Ich freue mich auf das, was vor uns liegt!
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 14.02.2022