Geschichte des Meußschen Kelches
Der Meußsche Kelch der Sankt-Marien-Andreas-Kirche
Der Kelch ist 19 cm hoch. Der Durchmesser des Kelches (Kuppa) beträgt 11 cm. Der Fuß hat einen Durchmesser von 9 cm. Der Stil hat eine Höhe von 7 cm. Um die Ornamentbänder sind doppelläufige oder einfache Riefenbänder.
Der Kelch
Der Kelch hat oben ein doppelläufiges Eichenblätterband. Unter den Inschriften befindet sich ein Band in Mäanderform. Darunter großen einzelne Eichenblätter einzeln nach oben zeigend
als großes umlaufendes Muster gearbeitet.
Darunter befindet sich als Abschluss ein feingearbeitetes Überkreuzband und ein abschließendes Kerbband.
Mehrere Inschriften
Zur 50jährigen Amtsfeier am 9ten July 1819
Dem innig verehrten Vater von C. und Ch. M.
Der Kirche in Rathenow zur Erinnerung an ihrem am 18. Jul. 1822 im 81.ten Jahre verstorbenen bis zu seiner letzten Lebensstunde in Amts Thätigkeit verbliebnene Diener den Prediger J.F. Meuß von den Söhnen des Verblichenen F. u. C. M.
Der Stil
Der Stil beginnt mit einem Kordelband. Die Mitte weist ein doppelläufiges Eichenband auf, das von zwei mit Schrägbändern eingerahmt wird. Das unter Ende des Stils stellt einem doppelläufigen Kreuzband dar.
Der Fuß
Zwischen den zwei Inschriften ist ein umlaufendes Band von doppelrispigen Blättern. Darunter befindet sich ein Band mit schrägen Einkerbungen. Unter der zweiten Fußinschrift zwei Bänder feingearbeiteter Bänder, ein Punkteband und ein feines Kreuzband. Am Fuß sind drei Prägestempel zu erkennen. Der erste Stempel zeigt 57, der zweite ein A und der dritte stellt eine oben abgegriffnen Tierfigur, am ehesten als Hase zu deuten, dar.
Fußinschrift im oberen Bereich
Dem Ururenkel J.A. Meuß in dankbarer Erinnerung
Fortführung der Fußinschrift im unteren Bereich
an seine Amtstätigkeit von 1945 - 52 von der Kirchengemeinde Rathenow
Ausgewählte Meußschicksale
Johann Friedrich Meuß *06.11.1741 - †18.07.1822
Wer unweit des Torhauses über den Rathenower Friedhof spaziert findet dort das Grabmal von
Johann Friedrich Meuß, Pfarrer in Rathenow und auch seines Urenkels, dem Kaiserlichen Kapitän zur See Johann Friedrich Meuß, dem wir die Biografie seines Urgroßvaters verdanken.
Biografie von Pfarrer Johann Friedrich Meuß
Johann Friedrich Meuß wurde am 6. November 1741 als fünftes Kind, dritter Sohn des Bäckermeisters und Stadtverordneten in der Altstadt Brandenburg (Havel) Joachim Andreas Meuß und Frau Anna Elisabeth Schmidtsdorf geboren. Er besuchte die Saldresche Schule seiner Vaterstadt, die er am 2. Mai 1750 mit dem Zeugnis der Reife verließ, um sich in Halle an der Friedrich-Universität dem Studium der Theologie zu widmen. 1764 war er Lehrer an der Realschule in Berlin und bestand am 2. Juni 1769 als für Krusemark, Groß- und Kleinellingen zu berufender Pfarrer die Prüfung vor dem Oberkonsistorium. Die Berufung in diese Stelle wurde am 15. Juni 1769 bestätigt und im Juli wurde er als Adjunktus (Amtsgehilfe) des Pastors Hübner dort eingestellt. Im November 1775 mit Anna Juliane Rudolphi vermählt, wurde er am 23. Januar 1777 Witwer, nachdem ihm seine Frau am 14. Januar einen Sohn geschenkt, der sofort Johann Friedrich getauft, eine Stunde nach der Geburt verschied. In zweiter, im Jahre 1782 mit Ernestine Marie Sophie Lösecke, der jüngsten Tochter eines Pfarrers in Plaue geschlossener Ehe wurden ihm zwei Söhne in Krusemark geboren.
Ernestine Marie Sophie Lösecke und Johann Friedrich Meuß
Am 11. März 1790 wurde seine Berufung vom 27. Januar 1790 durch den Magistrat als Diakonus an die Stadtkirche St. Marien-Andreas-Kirche zu Rathenow vom Minister bestätigt.
"Seine Königliche Majestät von Preußen unser allergnädigster Herr, lassen dem Magistrat zu Rathenow auf seinen Bericht vom 21ten V:M: gnädigst zur Resolution geben, dass die Wahl des Prediger Meuß zum Diaconus genehmigt wurde und der berufene seine Vocation zur Konfirmation einzureichen habe.
Gegeben Berlin den 7ten Jänner 1790" so heißt es im ersten Schreiben des Ministers.
Am 30. April 1790 siedelte er in sein neues Amt nach Rathenow über. Am 9. Juli 1819 konnte er unter reger Anteilnahme der Gemeinde sein fünfzigjähriges Amtsjubiläum feiern, aus dessen Anlass König Friedrich Wilhelm III. ihm durch ein Glückwunschschreiben und die Verleihung des Roten Adler Ordens 3. Klasse auszeichnete.
Der Rote Adlerorden
Nach dem Schwarzen Adlerorden war der Rote Adlerorden die zweithöchste Auszeichnung in Preußen. Der preußische Rote Adlerorden war von Georg Wilhelm, Erbprinz von Brandenburg-Bayreuth am 17. November 1705 gestiftet worden. Er wurde in fünf Klassen und 43 Varietäten verliehen. Der Orden sollte an fürstliche Personen und hohen Herren von gutem Lebenswandel und unbedingter Aufrichtigkeit verliehen werden. Der Rathenower Pfarrer Johann Friedrich Meuß erhielt den Roten Adlerorden 1819 anlässlich seines 50jährigen Dienstjubiläums.
Im Rathenowschen gemeinnützigen Wochenblatt für alle Stände wird am 14 Juli 1819 folgendes berichtet. Der Prediger Johann Friedrich Meuß feierte am 9. Juli 1819 das seltene Fest des 50jährigen Amtsjubiläums. Bei der kirchliche Feier anlässlich dieses Festes wurde der Jubelgreis vom Superintendenten Ewald, dem Prediger Dunker, von Magistratsmitgliedern und Deputierten der Stadtverordneten in die Kirche geführt. Der Magistrat schenkte ihm im Namen der Stadt Rathenow einen schön gearbeiteten silbernen Becher. Sowohl die vortrefflichen Reden des Predigers Ganzer aus Hohennauen als auch die Predigt des Jubelgreises selbst, rührte die sehr zahlreiche Versammlung aufs Höchste, heißt es in der Zeitung.
Nach dem Festgottesdienst wurde im Deutschen Haus (heute in Rathenow, Berliner Straße 24) ein Mittagessen eingenommen, an dem Magistrat, Stadtverordnete, viele Bürger der Stadt und die zahlreiche Verwandtschaft des Greises teilnahmen. Während der Feier las der Prediger Ganzer ein Schreiben Seiner Majestät des Königs, des Ministers für geistliche Angelegenheiten und der Regierung zu Potsdam vor.
König Friedrich Wilhelm III. schrieb:
„Ich habe auf die von der den 9ten d. M. Ihnen bevorstehenden Feyer Ihrer 50jährigen Amtsführung Mir geschehene Anzeige beschlossen, Ihnen den rothen Adler Orden dritter Classe als Anerkenntniß der vieljährigen treuen Erfüllung Ihres Berufes zu verleihen, und lasse Ihnen die Insignien desselben mit Meinem Glückwunsche hierbei übersenden.
Berlin, den 2ten July 1819
Friedrich Wilhelm“
Der Sohn des Jubelgreises, der Landrat Meuß, der extra mit seiner Gattin aus Jüterbogk gekommen war, heftete nach Verlesung des Schreibens von König Friedrich Wilhelm III., den Orden dem Vater eigenhändig an. Daraufhin wurde ein einstimmiges Hoch auf den Prediger Meuß ausgebracht. Natürlich fehlte auch ein angemessenes zwölfstrophiges Festgedicht nicht.
„Unser würdiger Meuß feiert Sein schönstes Fest,
Dankend blickt Er zurück auf die durchwallte Bahn,
Eines halben Jahrhunderts,
Das Ihn lehren und wirken sah.“
heißt es in einem Vers.
In den Schreiben, des Ministers Altenstein heißt es:
An Herrn Prediger Meuß. Hochehrwürden in Rathenow
„Da Seiner Majestät dem Könige bekannt geworden, dass Euer Hochehrwürden am 9ten d. M. Ihr 50jähriges Amts-Jubiläum begehen werden: so haben Allerhöchst-Dieselben in gnädiger Anerkennung des von Ihnen während Ihrer Amtsführung stets bewiesenen musterhaften Pflicht-Eifers, Ihnen den rothen Adler-Orden dritter Classe zu verleihen, und mir zu befehlen geruhet, Ihnen die Insignien desselben nebst dem beigefügten Allerhöchsten Handschreiben zu übersenden. Ich erfülle diesen Königlichen Auftrag mit großem Vergnügen und bezeige Euer Hochehrwürden auch meinerseits meine aufrichtige Theilnahme an der Freude, welche Ihnen die Feier eines so schönen Festes gewähren wird. Möge die göttliche Vorsehung Sie den Abend Ihrer Jahre in heiterer Ruhe verleben lassen und das freudige Zurück=.Schauen auf Ihre lange, im Segen geübte, Amtswirksamkeit schon hier sein süßer Lohn ihrer Treue seyn.
Berlin, den 4. July 1819
Der Minister der Geistlichen=Unterrichts= und Medizinal=Angelegeheiten
Altenstein.“
Die Königliche Preußische Regierung schrieb:
An Herrn Prediger Meuß.
„Es ist uns zur Kenntnis gekommen, dass Ew. Hochehrwürden am 9ten July d, J. funfzigjähriges Amtsjubelfest begehen werden. Mit besonderem Vergnügen statten wir Ew. Hochehrwürden unsern theilnehmenden Glückwunsch ab, zu Ihrer, einen so ungewöhnlich langen Zeitraum hindurch, treu und unermüdet, und begleitet von der Liebe und dem Vertrauen Ihrer Pfarrkinder geführten Amtswirksamkeit. Gott verleihe Ihnen noch für längere Zeit Muth und Kräfte, im Segen fortzuarbeiten, gebe Ihnen einen heiteren Lebens=Abend im Kreise der Ihrigen und einst den höheren Lohn, welchen er seinen treuen Knecht verheißen hat.
Potsdam, den 29ten Juny 1819.
Königliche Preußische Regierung, Erste Abteilung.“
Man wäre aber nicht in Preußen, wenn nicht zusätzlich eine Urkunde folgenden Inhalts beigefügt wäre:
Wir, Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen haben dem Prediger Meuhs zu Rathe=now, den rothen Adler Orden dritter Classe verliehen, und erteilen demselben über den rechtmäßigen Besitz dieser Auszeichnung das gegenwärtige Beglaubigungs-Schreiben mit Unserer eignen Unterschrift und beygedrucktem Königlichem Imsiegel.
Berlin, den 2ten July 1819
Siegel
Friedrich Wilhelm
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Johann Freidrich Meuß hatte die Freude die Kinder seines ältesten Sohnes, der sich in Rathenow als Kaufmann niedergelassen hatte, aufwachsen zu sehen. Er war in Rathenow Prediger bis zu seinem am 18. Juli 1822 ( im 81. Lebensjahr) infolge einer Verdauungsstörung erfolgten Tod. Am Sonntag vorher, dem 14. Juli hatte er noch kommuniziert und die Nachmittagspredigt gehalten, obwohl die Störung schon einige Tage bestand. Seine Frau war ihm am 4. Mai 1820 voran gegangen. Beide sind in der Hübnerschen Gruft beigesetzt, wo auch sein Krusemarker Amtsvorgänger ruht.
© Copyright : Dr. Heinz-Walter Knackmuß
Röntgenstr. 13
14712 Rathenow
Tel:+4933855200224
E-Mail:
Ich danke
Pfarrerin Gisela Opitz, geborene Meuß, (*07.04.1931 in Landsberg/Warthe - † 21.01.2005 in Potsdam),
für die Überlassung der Urkundenkopien und der oben genannten historischen
Materialien. Sie war eine direkte Nahfahrin des oben beschriebenen Predigers Johann Friedrich Meuß. Ihr Vater war von 1945 -1952 Pfarrer in Rathenow.