Biografie von Bischof Dr. Stephan Bodecker
Der 36. Bischof von Brandenburg Dr. Stephan Bodecker wurde am 15.11.1384 als Sohn eines Böttchers in Rathenow geboren. Er wurde in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche getauft. Seine Mutter war sehr gottesfürchtig. Schon als Kind kannte er die drei Hauptgebete der Christen: Das Vaterunser (Pater noster), Gegrüßet seist du, Maria (Ave Maria) und das apostolische Glaubensbekenntnis (Symbolum Apostolicum). Die Familie lebte aber in recht bescheidenen Verhältnissen. Durch die strenge Erziehung im Elternhaus wählte er den Beruf eines Geistlichen und ging zu den Prämonstratensermönchen. Der Prämonstratenserorden hatte besonders strenge Regeln, die Gehorsam, Keuschheit und persönliche Armut forderten. In der Kirchengeschichte sind sie auch als Augustiner-Regeln bekannt. Der Mönchsorden wurde 1121 gestiftet. Die Bekleidung war eine weiße Kutte. Der Orden besaß ein gemeinsames Vermögen. Unterkunft fanden die Mönche in ihrem Kloster. Wann Stephan Bodecker in den Orden eingetreten war, ist unbekannt. Er muss aber ein sehr begabtes Ordensmitglied gewesen sein, denn er konnte schon bald ein Universitätsstudium beginnen. Er studierte in Erfurt, Prag und Leipzig Kirchenrecht und schloss das Studium 1412 in Leipzig mit der Promotion (Erlangung der Doktorwürde) ab. In der Erfurter Matrikel (Verzeichnis der Studierenden) vom Jahr 1406 wird sein Heimatort als Rathenow angegeben. Die Matrikel der Prager Universität nennt ihn 1408 Stephanus de Brandenburgensis, was auf die Zugehörigkeit zum Brandenburger Domstift hinweist. Im Herbst 1411 erfolgte seine Immatrikulation (Einschreibung zum Studium) an der Universität Leipzig. Das Domkapitel in Brandenburg schätzte seine wissenschaftliche Ausbildung und erwähnt ihn 1415 als Domherr und bestellte ihn im gleichen Jahr zum Generalvikar (Amtsvertreter des Bischofs). 1417 nahm Dr. Stephan Bodecker an Kirchenvisitationen teil. 1419 wählte man ihn zum Dompropst von Brandenburg und 1421wurde er einstimmig vom Domkapitel zum Bischof von Brandenburg gewählt. Nach der Ernennung zum Bischof durch Papst Martin V., erfolgte am 21.05. 1422 (Christi Himmelfahrt) seine Weihe zum Bischof. Er wurde der 36. Bischof von Brandenburg. Er gehört damit zu den wenigen bürgerlichen Bischöfen seiner Zeit. Bischof Dr. Stephan Bodecker hat als einziger Bischof im nordeuropäischen Raum die Forderung des Kirchenkonzil von Basel 1431 nach dem Hebräischstudium an den Universitäten ernst genommen. Er setzte sich sehr für das Hebräischstudium an den Universitäten ein. Er lernte die Sprache bei einem Juden. Er sammelte hebräische Schriften und besaß schließlich 19, darunter eine kostspielige hebräische Bibel und Teile des babylonischen Talmuds. So konnte er Kenntnisse über die Zahlenmystik erwerben. Er hat die Abschrift eines hebräisch-biblischen Wörterbuchs von Menachim ibn Saruq in Auftrag gegeben. Bischof Stephan Bodecker nahm im Auftrag des Markgrafen Friedrich II. (späteren Kurfürsten) an wichtigen Staatsverhandlungen teil, bei denen er großes diplomatisches Geschick bewies. So schlichtete er 1413 gemeinsam mit dem Bischof von Zeitz einen Streit zwischen dem Erzbischof von Magdeburg und der Stadt Halle. Auch der brandenburgische Landesherr, Kurfürst Friedrich II., schätzte ihn als Berater. 1427 wirkte Bischof Bodecker mit bei der Vermittlung zwischen den Städten Eberswalde und Brandenburg sowie bei den Verhandlungen zum Frieden zwischen Pommern und Brandenburg. Im Jahre 1440 schlichtete er eine Streitigkeit zwischen den Städten Zerbst und dem Fürsten von Anhalt. 1448 saß er mit zu Gericht über die Stadt Berlin wegen ihrer Empörung gegen Kurfürst Friedrich II.. Durch seine diplomatische Vielseitigkeit und sein politisches Geschick genoss Bischof Bodecker beim Kurfürsten Vertrauen und gewann dessen Unterstützung. Das hinderte ihn aber nicht, sich energisch gegen eine Maßnahme des Kurfürsten Friedrich II. zu wenden. Der Kurfürst hatte am Sabbat, dem 17. 12.1446, Juden töten und vertreiben lassen. Bischof Stephan Bodecker toleriert nicht die Auffassung, dass Fürsten die Juden aus Geldgier und ohne rechtlichen Grund ihrer Güter berauben können oder sie töten lassen können. Er verlangte von den Fürsten die Rückgabe der geraubten Güter und Ländereien. Juden galten im Mittelalter als unvernünftige Tiere. Bischof Bodecker schrieb: "Diese allgemeine Meinung ist ein Irrtum, denn sowohl Juden als andere Ungläubige sind nach dem Abbild Gottes geschaffen und wer einen Juden eigenmächtig tötet, ist des Totschlags schuldig." Das Bistum Brandenburg umfasste 18 Propsteien, nämlich Berlin, Spandau, Strausberg, Bernau, Angermünde, Templin, Zehdenick, Nauen, Rathenow, Friedland, Leitzkau, Zerbst, Wittenberg, Jüterbog, Treuenbrietzen, Belzig, Ziesar und natürlich Brandenburg. Die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse waren schwierig. Es gab die Hussitenkriege. Landfriedensbruch und Wegelagerei waren an der Tagesordnung. Dass Bischof Bodecker trotz dieser Belastungen sein Amt ausgezeichnet versah, spricht für eine außergewöhnlich starke Persönlichkeit. Er verlangte schon damals, dass die Priester die Volkssprache im Gottesdienst verwenden sollen. Er wollte damit erreichen, dass die Priester sehr eng mit dem Volk verbunden waren. Ihm gebührt damit das Verdienst, die Beichte, das Vaterunser und die Predigt schon 100 Jahre vor Luther in deutscher Sprache eingeführt zu haben und damit dem Volk auch den Gottesdienst verständlich zu machen. 1435/1436 ordnete er an, dass die Eltern ihre Kinder mit Schulbüchern versorgen sollten, damit die Kinder ihre Muttersprache erlernen konnten. Seine Lebensaufgabe sah er darin, " dem bäuerlichen und gemeinen Mann dienlich zu sein." Bischof Bodecker schrieb Kommentare zum Vaterunser, über das Glaubensbekenntnis und die Auslegung der zehn Gebote in volkstümlicher Form. Darin forderte er zu Liebe und Toleranz besonders zu den Juden auf. Die Sünden seiner Geistlichen beklagte er: " Indem sie der priesterlichen Heiligung vergessen und obwohl sie im Zölibat leben, scheuen sie sich nicht, die Taufe ihrer Kinder üppig zu feiern, anstatt ihre Sünden zu beweinen. Hernach verloben sie einander ihre Söhne und Töchter und mehren so ihre Unehre." In seiner Schrift über das Stundengebet wirft er seinen Domherren vor, dass sie isch unerbietig gegenüber den Namen Gottes und des Herrn Jesus Christus verhielten. Sie nehmen die Gebetbücher mit zur Toilette, während die Juden für ihn Vorbilder waren und die Thora mit großer Ehrfurcht behandeln. Wenn ein heiliges Buch den Juden heruntergefallen war, küssten sie es, nachdem sie es aufgehoben hatten. Nach seiner Kirchenvisitation 1417 schrieb er: " Die Nonnen suchten sich, da ihre natürliche Eitelkeit in der einförmigen Tracht keine Befriedigung fand, durch Zierrat und Frisuren zu entschädigen. Wegen ihrer vornehmen Herkunft verschmähten sie die sonst für Nonnen üblichen Handarbeiten. Die vorgeschriebene Kost - Fleisch und Wein waren nur den Kranken vorbehalten - schien ihnen zu gering." Ihre Neigung zu unerlaubten Ausflügen verhinderte man durch Doppelschlösser an den Türen, sodass die Äbtissin nur gemeinsam mit dem Propst, der den Zweitschlüssel verwaltete, die Klostertore öffnen konnte.
Bischof Bodecker verfasste ein hebräisches Lexikon. Über seine Gelehrsamkeit und sein Wissen äußert er sich bescheiden. Seine Lebensaufgabe sah er darin, "dem bäuerlichen und gemeinen (einfachen) Manne dienlich zu sein."
Kurfürst Friedrich II. versuchte den Ordensstatus des Prämonstratenserdomkapitels in Brandenburg mit dem Recht auf die Bischofswahl auszuschalten und gründete 1447 in Berlin ein eigenes Domstift. Der Umwandlungsversuch des Domkapitels Brandenburg in ein Domstift misslang aber. Bischof Bodecker musste trotzdem in seinen letzten Lebensjahren seine Residenz Ziesar verlassen und in Berlin präsent sein. Bischof Stephan Bodecker starb am 15.02.1459. Sein Grabstein ist gut erhalten und steht in einer südlichen Seitenkapelle des Brandenburger Doms. Das Relief zeigt ihn in voller Lebensgröße. Die linke Hand stützt sich auf den Bischofsstab. Die rechte Hand hat er zum Zeichen der Macht erhoben. Zu seinen Füßen ist ein Hund abgebildete und darüber befindet sich das Wappen des Bistums, die gekreuzten Schlüssel. Zur linken Seite steht ein Schreibpult, das auf die Gelehrsamkeit des Bischofs hinweist. Die Inschrift lautet: Im Jahre des Herren 1459 am 15. Februar heimging der ehrwürdige Vater in Christo, Herr Stephanus, der 36. Bischof von Brandenburg, dessen Seele in Frieden ruhen möge. Bischof Stefan Bodecker war der bedeutendste Bischof des Bistums Brandenburg.
Grabplatte im Brandenburger Dom
Durch seine Klugheit und durch seine tiefe Menschlichkeit hatte er sich ein großes Ansehen beim Papst und beim Kurfürsten erworben. Dass er in Rathenow geboren wurde, freut bis auf den heutigen Tag alle Menschen in der Stadt.
© Copyright : Dr. Heinz-Walter Knackmuß (23.02.2010)
Gedenkandacht für Bischof Dr. Stephan Bodecker
am 26.05.2022 (Christi Himmelfahrt) um 18:00 Uhr
in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow
Dr. Stephan Bodecker wurde am 15.11.1384 in Rathenow geboren. Der Böttcherssohn aus Rathenow wurde nach der Ernennung durch Papst Martin V. einstimmig von den Domherren in Brandenburg zum Bischof von Brandenburg gewählt. Am Himmelfahrtstag 1422, also vor 600 Jahren, wurde er zum Bischof geweiht. Am Himmelfahrtstag, den 26.05.2022, fand um 18:00 Uhr in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche eine Gedenkandacht für den Bischof Dr. Stephan Bodecker statt. Er war der bedeutendste bürgerliche Bischof in Deutschland im Mittelalter und hat auch als einziger Bischof im nordeuropäischen Raum die Forderung des Baseler Konzils von 1431 nach einem Hebräischstudium an den Universitäten umgesetzt. Er war ein ausgezeichneter Kenner der hebräischen Sprache. Er hat die Abschrift eines hebräisch-biblischen Wörterbuchs von Menachim ibn Saruq in Auftrag gegeben. Alle, die etwas mehr über das Leben und Wirken dieses Bischofs erfahren wollen, sind herzlich zu der Andacht eingeladen. Die musikalische Umrahmung der Andacht hatte Petra Nußbaum übernommen.
Petra Nußbaum Orgelvorspiel
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Kerstin Zink-Zimmermann Psalm 47
Peter Kurth
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Dr. Heinz-Walter Knackmuß
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Christel Schneewind
Copyright: 26.05.2022 Dr. Heinz-Walter Knackmuß,