Biografie von Erika Guthjahr
Erika Guthjahr, geborenen Pelzer, wurde am Montag, den 12. September 1916, in Rathenow geboren. Es war kurz vor Mitternacht, wie ihre etwas abergläubische Mutter berichtete und dass sie Furcht hatte, ihr Kind könnte am 13. September geboren werden. Die Konstellation der Gestirne war wohl aber doch günstig. Schon seit der frühesten Kindheit war das Zeichnen ihre Leidenschaft. Alles Papier wurde bemalt und wenn kein Papier da war, musste der Sand herhalten. Schon damals malte sie Sonnenblumen, die sie das ganze Leben als künstlerische Aufgabe begleitet haben. Von 1923 -1935 besuchte sie das Viktoria-Luise-Lyzeum in Rathenow. Nach der Schule begann sie eine optische Lehre als Industriekaufmann bei Stegmann und Seeger. Nach dem Lehrabschluss arbeitete sie in der Firma Nitsche und Günther in der Kanzlei, im Versand und im Werbebüro. Besonders freute sie sich über die Geburt ihres Sohnes Udo im Jahr 1944, der leider viel Unrecht durch den DDR-Staat erfahren musste und viel zu früh gestorben ist. Als dann im Jahre 1947 ihre Tochter Ulrike-Marie geboren wurde, hatte sich ihr Leben auch in dieser Hinsicht erfüllt. Ihre Tochter musste ebenfalls durch den DDR-Staat schlimmste Erfahrungen machen. Erika Guthjahr liebte ihre vier Enkelsöhne über alles und hatte durch besondere Umstände ein sehr inniges Verhältnis zu ihrem Enkel Sebastian. 1946 besuchte sie ein Jahr lang die Wredowsche Zeichenschule in Brandenburg.
Wredowsche Zeichenschule in Brandenburg an der Havel
1948 wurden die pädagogischen Kenntnisse am Lehrerbildungsinstitut in Ludwigsfelde erweitert und sie übernahm ab 1949 -1977 die Aufgaben als Kunsterzieherin und Deutschlehrerin an der Bruno-H.-Bürgel-Schule in Rathenow. Viele Generationen von Schülern sind durch ihre Hände gegangen. Als Kunsterzieherin an den Schulen hatte sie ihr ganzes Berufsleben über Arbeitsgemeinschaften für Kunsterziehung ehrenamtlich betreut. Sie bedauerte sehr, dass diese Form der musischen Erziehung heute kaum noch an den Schulen gepflegt wird. Von 1977 - 1991 war sie Dozentin an der Volkshochschule in Rathenow für künstlerisches Gestalten. Ausstellungen ihrer Schüler an der Volkshochschule wurden alle zwei Jahre im Rathenower Kulturhaus präsentiert. Seit 1995 gab sie Malkurse in der Diakonie in Rathenow. Zahlreiche Ausstellungen in Rathenow und im Land Brandenburg und in Prag machten sie auch als Künstlerin bekannt. Die erste Ausstellung war vom 30. November bis 10. Dezember 1946 in Rathenow, in der ehemaligen Hagenschule (jetzige Feuerwehr). Diese Ausstellung zeigte Sonnenblumen, die Landschaft um den Wolzensee und Märchenbilder, wobei sie besonders am Bild "Der kleine Häwelmann" hing, dass aber verloren gegangen ist. Es folgten unzählige Ausstellungen im Rathenower Kulturhaus, in der Musikschule in Rathenow, in der Volksbank Nennhausen und natürlich im Chorraum der Sankt-Marien-Andreas-Kirche. Malen und Zeichnen war ihr Hobby bis ins hohe Alter. Alle Berichte des Gesundheitsamtes tragen seit 1990 als Logo unter anderem die Zeichnung einer mächtigen Kiefer vor Semlin von Erika Guthjahr. Sie fand es wichtig, auch im Alter noch Aufgaben zu haben. So bliebe man geistig fit, meinte sie. Sie war nicht der Mensch, der nur vor dem Fernseher sitzen konnte. So schrieb sie jede Woche ein Artikel mit heimatkundlichem Inhalt für das Brandenburger Wochenblatt. Sie konnte auch sehr schelmisch sein und herzlich lachen und schrieb lustige Briefe. Seit 1954 betrieb Erika Guthjahr die Wetterbeobachtungsstation Nr. 120413800, zuerst für das Wetteramt in Potsdam und später für den Deutschen Wetterdienst in Offenbach mit phänologischen Beobachtungen (verschiedenen Wachstumsphasen der Pflanzen). Seit 1971 gab sie jedes Jahr einen Bilderkalender mit heimatlichen Motiven heraus. Als der Ehemann Dr. Rudolf Guthjahr 1988 starb, setzte sie die Tradition der Artikelserie in der Volksstimme, die ihr Mann seit Erscheinen der Zeitung begründet hatte, fort. Erika Guthjahr war auch immer an heimatkundlichen Themen interessiert. Es sind "Sagen und Geschichten aus dem Havelland" (1991),
"Alte Rathenower Bauten" (1992), "Havelländischer Jahreslauf" (1994) und
"Altes Handwerk im Havelland" (1999) erschienen.
1996 zum 80. Geburtstag wurde sie Ehrenbürgerin der Stadt Rathenow. Sie war seit 1996 aktives Gründungsmitglied des Förderkreises zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e.V. und hat sich besondere Verdienste bei der Organisation der zahlreichen Ausstellungen in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche erworben, die dazu beigetragen haben, dass die Kirche der kulturelle Mittelpunkt der Stadt wurde. Als Mitglied im Kuratorium des Förderkreises hat sie viele Anregungen für die Arbeit und die Ausstrahlung des Förderkreises gegeben. Mit der Idee Spenden für den Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche statt Geschenke zu ihrem 80. Geburtstag zu erbitten, hat sie vielen ein Vorbild gegeben. Anfragen aus verschiedenen heimatkundlichen Gebieten gingen so zahlreich bei ihr ein, dass es ihr schwer fiel, alle zu beantworten. Erika Guthjahr starb am 23. Februar 2005 an den Folgen eines Schlaganfalls im Alter von 88 Jahren.
Grabstein von Erika Guthjahr
auf dem Weinbergfriedhof in Rathenow
Erika Guthjahr in jungen Jahren –
ihre Zeichnungen und Bilder
Kelter auf dem Weinberg Lungenheilstätte
Hinter dem Jederitzer Tor Luisenhöhe
© Copyright : Dr. Heinz-Walter Knackmuß