Abiturklasse 12 B Jahrgang 1955 aus Rathenow spendete Säulensteine 14.05.2019
Abiturtreffen der Klasse 12 B Rathenow 1955 (Foto: Marianne Horn)
von links : Dr. Ellen Grahlmann, Prof. Dr. Klaus-Dieter Wessnigk, Dr. Lieselotte Parei, Gisela Prange, Lothar Heldmann, Bischof Dr. Stephan Bodecker, dahinter: Wolfram März verdeckt, Karin Wessnigk, Ulrich Horn, Lore Fuß, Jürgen Fuß, Dr. Georg Grahlmann
Gisela Prange, geborene Hemmerling, hat 1955 ihr Abitur an der Karl-Marx-Oberschule in Rathenow abgelegt. Sie wuchs in Premnitz auf, wo sie die Mitschüler immer neckten und riefen: "Hemmerling der Käse stinkt. Hemmerling der Käse stinkt." Als sie dann an der Karl-Marx-Oberschule eine neue Klassengemeinschaft kennenlernte, wurde sie von den Jungen hofiert, denn in der B-Klasse gab es nur vier Mädchen. Ihr Klassenlehrer, Horst Lichtenberg, ärgerte sich besonders über einen Streich der Klasse in der Faschingszeit, die beim Unterricht in Biologie einfach die Klassenräume mit der A-Klasse tauschte und der Lehrer Horst Lichtenberg vor völlig fremden Gesichtern stand. Zur Strafe mussten die 17jährigen Schüler alle hundertmal aufschreiben: "Ich darf die Klassenräume nicht tauschen!" Als sie eine sehr junge Geschichtslehrerin, Fräulein Mertin, bekamen, benahmen sich die jungen Männer als vollendete Kavaliere. Sie trugen ihr die Tasche vom Lehrerzimmer zum Klassenzimmer und fragten sie, ob sie ihr den Arm reichen dürften. Die sehr schüchterne Russischlehrerin wurde bei solchen Höflichkeiten immer gleich rot, was die ganze Klasse amüsierte. Fräulein Mertin bekam den Spitznamen "Klio" nach der antiken Muse der Geschichtsschreibung. Sie suchte aber dann doch bald eine Grundschule für ihren Unterricht, wo ihr so etwas erspart blieb.
Klasse 12 B auf dem Schulhof in Rathenow
07.10.1953
Aus den übermütigen jungen Leuten sind aber dann doch ganz passable Ärzte, Apotheker, Ingenieure und Professoren geworden. Als sich die alte Klasse 12 B nach 64 Jahren am 14.05.2019 wieder in Rathenow traf, veranlasste Gisela Prange eine historische Führung mit dem Bischof Dr. Stephan Boecker durch die Sankt-Marien-Andreas-Kirche. Dr. Stephan Bodecker wurde am 15.11.1384 in Rathenow geboren und starb am 15.02.1459 als Bischof von Brandenburg. Im Brandenburger Dom befindet sich noch heute seine Grabplatte. Bischof Bodecker ist der einzige Bischof, der aus der Stadt Rathenow kam. Im Gewand des Bischofs erschien Dr. Heinz-Walter Knackmuß, der Vorsitzende des Förderkreises zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V. und führte die ehemalige Abiturklasse durch die wechselvolle Geschichte des Gotteshauses, die den meisten natürlich bekannt war.
Bischof Dr. Stephan Bodecker (alias Dr. Heinz-Walter Knackmuß) bei der historischen Führung (Foto: Marianne Horn)
Die Klasse ließ sich die Bedeutung der Fenster im Chorraum erklären sowie die Figuren des Marienaltars. Die Margarethe mit dem Wurm, die Barbara mit dem Turm und die Katharina mit dem Radel - das sind die Heiligen Drei Madel, wie der Volksmund weiß. Dann wurden die beiden Bildtafeln "Simeon mit dem Kinde", das eigentliche Altarbild der Kirche und das Epitaph des Stadtschreibers Nesen betrachtet.
Das geöffnete Kreuz (Foto: Marianne Horn)
Das Rathenower Toeleranzfenster
Einige noch körperlich fitte Teilnehmerdes Klassentreffens ließen sich es nicht nehmen und bestiegen den Turm, um die herrliche Aussicht über das schöne Havelland mit seinen Wiesen und Feldern, den Seen und Wäldern zu genießen.
Kleinere Nachkriegsglocke (Foto: Marianne Horn)
Die kleinere gußeiserne Glocke, die nach dem Krieg gegossen wurde, ist aus Hartstahl, weil keine Bronze zur Verfügung stand. Sie wurde am 09.08.1953 eingeweiht und dient heute als Schlagwerk für die Kirchturmuhr. Die Inschrift auf der Glocke lautet: "O Land, Land, höre des Herrn Wort!" (Jeremia 22,29) Darunter stand ein Vers von Superintendent Georg Heimerdinger (*01.06.1875 - 5.11.1967):
Hoch über der zerstörten Stadt
man mir den Platz gegeben hat,
zu läuten in den Erdenstreit
den Frieden aus der Ewigkeit."
Die große Bronzeglocke von 2001 ( Foto: Marianne Horn)
Die große Bronzeglocke wurde am 28.09.2001 im hessischen Ort Sinn gegossen und am 31.10.2001 in einem Festgottesdienst eingeweiht. Die Inschrift lautet: " DEUM LAUDO, VIVOS VOCO; FULGURA FRANGO; MORTUOS PLANGO" (Ich lobe Gott, ich rufe die Lebenden, ich breche die Blitze, ich beweine die Toten.)
Am Nachmittag freute sich die Klasse an einem Lichtbildervortrag von Lothar Heldmann über Äthiopien und am nächsten Tag wurde ein Ausflug nach Tangermünde gemacht und die schöne Altstadt besichtigt und anschließend ging man auf ein Boot und schipperte zwei Stunden lang auf der Elbe. Für den Wiederaufbau der Kreuzgewölbe im Chorraum der Kirche spendeten die ehemaligen Schüler der Karl-Marx-Oberschule die Säulensteine Nr. 13131 – 13143 (68,50 €). Der Förderkreis bedankt sich für die Spende.
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 14.05.2019