7-Dampfschifffahrt
Dampfer Dora
(Fotoarchiv Manfred Langner, Berlin)
Der technische Fortschritt ging auch an Rathenow nicht vorüber. Emil Busch hatte die erste Dampfmaschine 1846 in seinem Betrieb aufstellen lassen. Für die Rathenower war das aber nicht die erste Dampfmaschine, die sie zu Gesicht bekamen, denn am 16.04.1817 fuhr das erste Dampfschiff vorbei und wurde bei der Durchschleusung von vielen Schaulustigen bewundert. Das Dampfschiff war wie ein Seeschiff gebaut und hatte die Größe eines so genannten Hamburger Kahns. Zwei eiserne Schaufelräder waren rechts und links angebracht und trieben das Schiff vorwärts. Um das Schiff lief eine Galerie und in der Mitte stand eine Dampfröhre, die das Herz und den Antrieb darstellte. Im Inneren befanden sich die Kajüten und eine Küche. Über dem ganzen Schiff und den Rädern gab es ein Verdeck. So war denn den mit Segeln und Staken vertrauten Rathenowern ein Dampfschiff nicht gänzlich unbekannt. 1842 hatte die Königliche Seehandlung in Berlin einen regelmäßigen Dampferverkehr zwischen Potsdam und Hamburg eingerichtet, von dem auch die Rathenower ihren Nutzen hatten. Wer „ eine billige und bequeme Reisegelegenheit von hier zu benutzen wünscht“, dem wurde ein regelmäßiger Dampfverkehr angeboten. Das Dampfschiff „ Falke“ der Königlichen Seehandlung in Berlin fuhr ab 07.05.1842 jeden Montag um 9:00 Uhr von Potsdam ab und traf zwischen 13:00 und 14:00 Uhr in Brandenburg ein und war zwischen 16:00 und 17:00 Uhr in Rathenow, von wo es weiter nach Havelberg ging (Ankunft: 21:00Uhr). In Havelberg wurde übernachtet, um die Fahrt am anderen Morgen fortzusetzten. Am Dienstag um 17:00 Uhr erreichte das Dampfschiff dann Hamburg. Die Rückfahrt erfolgte am Mittwoch Morgen. In Wittenberge wurde übernachtet und am Donnerstag traf das Dampfschiff zwischen 10:00 und 11:00 Uhr in Rathenow ein und fuhr dann weiter nach Potsdam, wo die Reisenden mit der 1838 eröffneten Eisenbahn nach Berlin fahren konnten. Die Fahrt von Rathenow nach Hamburg kostete in der ersten Klasse 6 Taler und 10 Silbergroschen (190,00 €), in der zweiten Klasse 3 Taler und 24 Silbergroschen (114,00 €). 30 kg Gepäck waren frei. Bei Familien mit drei Personen und mehr ermäßigte sich der Preis um ein Viertel. Kinder unter 10 Jahren mussten die Hälfte bezahlen. Der Rathenower Kaufmann und späterer Dampfmühlenbesitzer, Hübner, der die Reisen vermittelte gab noch folgende Empfehlung: „ die auf dem Schiffe befindliche Restauration entspricht allen billigen Anforderungen“. Man brauchte nur noch „geneigtest eine Stunde vor Ankunft des Dampfschiffes das Passagierbillet“ bei ihm lösen und die Fahrt konnte losgehen. Die Wege zur damaligen Zeit, die die Postkutschen befuhren, waren fürchterlich schlecht. Bequemer, billiger und schneller als mit dem Dampfschiff kam man nicht nach Hamburg. Und die Fahrt war angenehm und ruhig. Von Ende Mai fuhr ein Dampfschiff um 11:30 Uhr von Potsdam kommend von Rathenow nach Hamburg und Freitag zwischen 9:00 Uhr und 10:00 Uhr von Rathenow nach Potsdam. Der Verkehr mit den Dampfschiffen muss sich gelohnt haben, denn in den folgenden Jahren fuhren sogar mehrere „Dampfboote“. Das einzige Hindernis war der Wasserstand, der es manchmal im Hochsommer nicht gestattete, den Verkehr aufrecht zu erhalten.
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 09.07.2019, nach Walther Specht