10- Die Regimentskasse
Ehemaliger Paradeplatz von Rathenow (Foto 2013)
Am früheren Paradeplatz, Ecke Schleusen- und Berliner Straße, lag das 1735 erbaute „Stadthaus“, wie das Neustädtische Rathaus damals hieß. Vor ihm spielte sich 150 Jahre lang ein groß Teil des militärischen Geschehens ab. In dem Hause befanden sich unter einem Laubengang die Wache und die Arrestzellen, der „Vater Philipp“. Dieses wenig beliebte Lokal beherbergte 1884 den Husaren Ochs, der durch einen verwegenen Einbruch damals überall großes Aufsehen erregte. Nachdem er die Wand seiner nach der Apotheke zu liegenden Zelle durchbrochen hatte, stahl er mit Hilfe des Husaren Schwabe aus dem Hause des am Schleusenkanal wohnenden Kommandeurs die Regimentskasse. Beide schafften dann den schweren Kasten über die hohe Mauer des Grundstücks nach dem Weinberg, wo die geleerte Kasse gefunden wurde. Nach dem Diebstahl floh Ochs und hielt sich mit den geraubten Talern im Walde bei Neufriedrichsdorf verborgen, wo er von seinem Komplizen versorgt wurde. Eines Tages aber entdeckte ein Bauer die verdächtige Gestalt und machte dem Regiment Meldung. Die Schwadron wurde alarmiert und der Wald durchstreift, bis man schließlich an einer Heumiete eine Spur fand. Hineinstechen mit dem Säbel brachte keinen Erfolg, aber auf die Drohung, das Heu anzuzünden, kroch der Verbrecher hervor. Er wurde zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt, während Schwabe mit vier Jahren Gefängnis davonkam. Die wieder aufgefüllte Regimentskasse aber kam in die Wachstube und wurde durch Anschrauben an den Fußboden und durch Verwendung als Wachtisch, der stets in Benutzung war, gegen alle Überraschungen gesichert.
Copyright: Dr Heinz-Walter Knackmuß, 09.07.2019, nach Walther Specht