20-Die Schwedenfahne
Franz Krüger:
Parade auf dem Opernplatz in Berlin
(Gemälde im Auftrag von Nikolaus I.)
Durch die Deputation aus Rathenow wurden bei der Huldigung des Königs auch die beiden, früher im Triumphbogen der Sankt-Marien-Andreas-Kirche hängenden, Fahnen dem Könige vorgestellt, der sie eingehend in Augenschein nahm. Die eine war die blaue Stadtfahne, die aus dem Jahre 1689 stammte. Von der anderen orangefarbenen aber erzählt das Band, das der Bürgermeister an ihr hatte anbringen lassen: „Kurfürst Friedrich Wilhelm der Große schenkte den Bürgern Rathenows für die im Kampf gegen die Schweden am 15. Juni 1675 bewährte Treue diese von ihnen eroberte Fahne.“ Diese Inschrift entspricht aber nicht den Tatsachen. Die sogenannte „Schwedenfahne“ gehört nicht zu den sechs Fahnen, die am Tage von Rathenow erbeutet wurden. Das waren nach dem Verzeichnis der Königlichen Rüstkammer aus dem Jahre 1718 vielmehr fünf grüne atlassene und ein weißes atlassenes Dragoner-Fähnlein, mit den Buchstaben C. R. S. (Carolus Rex Sueviae) und einer Krone gezeichnet. Die Rathenower Fahne jedoch ist orangefarben und trägt den Kurfürstenhut über den verschlungenen Buchstaben L. O. W., neben denen auf jeder Seite ein Zepter steht. Genau dasselbe Monogramm befindet sich aber auf einer Zeichnung des Kurfürstlichen Baumeisters Johann Gregor Memhard, die er für die Anlage eines Teppichbeetes im Park des Oranienburger Schlosses entworfen hatte. Damit ist klar erwiesen, das die so genannte Schwedenfahne unserer Kirche kein schwedisches Feldzeichen ist. Diese Erkenntnis wird auch sicher dem hochgebildeten und ebenso kunstsinnigen wie kunstbeflissenen Könige nicht entgangen sein. Ebensowenig können wir uns aber der weiteren Erkenntnis verschließen, dass die Fahne ein Geschenk des Kurfürstlichen Paares ist, da sie mit dem Monogramm der Namen des Kurfürsten und seiner Gemahlin Luise Henriette von Oranien, mit dem Kurhut und dem Kurzepter geschmückt ist. Da die Kurfürstin schon 1667 starb, so muss die Fahne vor dieser Zeit der Stadt oder der Schützengilde verliehen worden sein. Durch die Zerstörung der Sankt-Marien-Andreas-Kirche im Jahr 1945 ist natürlich auch dieses Erinnerungsstück an das Kurfürstenpaar unwiederbringlich verloren gegangen. Der so genannte Pferdemaler, Franz Krüger, hatte mit einem anderen berühmten Werk schon einmal eine Brücke nach Rathenow geschlagen. Es war die Parade der 6. Brandenburgischen Kürassiere, die ja zum Teil auch in Rathenow beheimatet waren, und die ihr hoher Chef, Großfürst Nikolaus von Russland, seinem königlichen Schwiegervater, Friedrich Wilhelm III., auf dem Opernplatz in Berlin vorgeführt hatte. Franz Krüger malte das Bild von 1824 -1830. Der spätere Zar Nikolaus I. hat das Paradebild in Auftrag gegeben und bezahlt.
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 10.07.2019, nach Walther Specht