32-Schwedenkönig Gustav Adolf in Rhinow
Spring in Rhinow (Gustav Adolf Quelle)
Die Rhinower Berge haben neben ihren mannigfaltigen landschaftlichen Schönheiten noch eine besondere Merkwürdigkeit. Es ist ein „Spring“, wie man hierzulande sagt, das heißt eine Quelle, die gegenüber dem Friedhof aus den Bergen hervorsprudelt. Die Menge und die Vortrefflichkeit ihres Wassers bewogen die Stadtverwaltung im Jahre 1908 dazu, einen Anschlag ausarbeiten zu lassen, nach dem die täglich 35000 Liter liefernde Quelle zur Anlage einer Wasserleitung benutzt werden sollte. Aus dem Projekt wurde jedoch nichts, und so verläuft die Quelle heute, wie das Leben so vieler Menschen, leider ungenützt buchstäblich im Sande. Im Sommer 2013 ist von der einst üppig sprudelnden Quelle nur ein kleines Rinnsal übriggeblieben, das gar bald unter Efeu im Boden verschwindet. Ihr Name „Gustav-Adolf-Quelle“ lässt vermuten, dass es mit ihr noch eine eigene Bewandtnis hat. Es ist auch in der Tat so. Die Bezeichnung weist auf den Schwedenkönig Gustav II. Adolf (*19.12.1594 – † 16.11.1632) hin, der von 1630 bis 1632 in den Dreißigjährigen Krieg eingriff, um sich die Herrschaft über die Ostsee als schwedisches Binnenmeer und wohl auch die deutsche Kaiserkrone mit Hilfe der evangelischen Fürsten zu erkämpfen, die sich aber, wie Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg und Johann Georg von Sachsen, weder von ihm gar nicht helfen lassen, noch ihn unterstützen wollten. Im Sommer 1631 hatte der „ Löwe aus Mitternacht“ die Havel von Spandau bis Rathenow besetzt, Havelberg genommen und bei Werben an der Elbe ein Lager bezogen, an dessen festen Schanzen sich der kaiserliche Feldherr Tilly sich vergeblich die Zähne zerbiss. Auf einem Erkundungsritt kam der König während dieser Zeit, wahrscheinlich von Brandenburg aus, wo er sich mit Unterbrechungen zwischen dem 13. Mai und dem 20. August aufhielt, auch nach Rhinow. Die Stadt und die Umgebung boten damals noch ein anderes Bild als jetzt. Ein Bericht aus dem 18. Jahrhundert schildert die Gegend folgendermaßen: „Gegen Mittag liegt ein kleines, aus vielen hohen und steilen Hügeln und Tälern bestehendes Gebirge, das sich in die Länge eine Viertelmeile, in die Breite aber einen guten Büchsenschuss erstrecket und nach Hohennauen gehöret. Unter den Hügeln raget sonderlich einer vor allen hervor, der vielleicht deswegen, weil er sich vor allen anderen sehen lässt, von selbigem auch weit und breit herum gesehen werden kann und deswegen vormals daselbst eine Warte gestanden, der Fackelberg genennet wird (jetzt Osterberg). Wie man dann von demselben gegen Mittag Ratenau, gegen Abend Havelberg und Sandau, alle auf zwei Meilen, gegen Mitternacht Kyritz, Wusterhausen und Neustadt auf drei Meilen, Ruppin auf fünf und Nauen auf sechs Meilen sehen kann. Das ganze Gebirge war ehedem mit Eichbäumen besetzet, welche die Herren von der Hagen aber ausgehauen und das Land zu einer Viehhut machen lassen. Unter den Eichen ist eine so groß und breit gewesen, dass eine ganze Herde Vieh gar füglich darunter hat mittags Ruhe halten können. Auch kommen aus diesen Bergen zwei herrliche Wasserquellen: eine südostwärts die andere nordwärts nicht weit von dem Ort, wo diese große Eiche gestanden.“ Die letzte ist die „Gustav-Adolf-Quelle“, während die andere wohl die ist, von der Dr. Albert Kuhn in den „Märkischen Forschungen“ folgendes erzählt: „An den Stöllenschen Bergen, dicht am Wege nach Rathenow, rieselt ein klarer und kühler Quell, von dem mir ein Bauer sagte, da müsse wohl eine recht „gode Springfru“ (gute Quellfrau) drinnen sitzen, die so schönes Wasser fließen lasse.“ Sie ist aber als Quelle verschwunden, nur feuchter Boden deutet ihre einstige Lage an. „Bei Abhauung des Gehölzes auf dem Rhinowschen Gebirge hat man eine Sandader gefunden, welche man anfangs nicht sonderlich geachtet, nach und nach aber durch die über den Pritzmarsee (Prietzener See) herfallenden Winde und der Sand auf die herumgelegenen Leim- (Lehm) Äcker eine halbe Meile weit hingetrieben, mithin diese zum großen Schaden der Besitzer mit Sand gänzlich bedeckt, jedoch durch unermüdete Sorgfalt des zeitigen Bürgermeisters, Herrn Schlichthaars, und auf dessen Angeben, auch teils eigene Kosten, teils Handanlegung der Bürger dem ferneren Schaden Einhalt getan. Der geschehene Schaden auch ersetzet worden, in dem man mit der Genehmhaltung der Gerichtsbarkeit gegen den Anstoß der Winde viel tausend Stück Weiden und andere Bäume gepflanzet, einen Kienenkamp angeleget und dadurch nicht allein dem Sand gesteuert, sondern auch den Boden zur Weide gemacht.“ Von der großen Eiche bei der Quelle heißt es dann weiter: „ Diese schöne Ansehen hat auch den König von Schweden, Gustav-Adolf, da er von dieser im Kriege sehr beträchtlichen Gegend Kundschaft einzog, gereizet, unter dieser Eiche sein Gezelt aufschlagen zu lassen und unter selbiger Tafel zu halten, bei welcher Gelegenheit er mit dem damaligen Prediger Peter Krug sich eine geraume Zeit unterredet.“ Als der König dann über Rathenow nach Brandenburg zog, begleiteten die Segenswünsche der Rhinower den nordischen Helden, der sich durch seinen Mut, seine Tatkraft, die Lauterkeit seiner Gesinnung und die Disziplin in seinem Heere vor vielen anderen Fürsten auszeichnete, mit der Zuversicht, dass er dem grausigen Kriege ein Ende machen würde. Vergebliches Hoffen. Auf dem Schlachtfelde von Lützen hauchte er am 16. 11.1632 seine Seele aus.
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 13.07.2019, nach Walther Specht