Biografie von Willi Horst Lippert (12.11.1898 -13.11.1981)
Wir danken Ralf Wegner aus Rathenow für die freundliche Vermittlung und Überlassung der Daten aus der Broschüre von Günther Schneider (*18.07.1932 - † 26.112015) aus Rathenow
Zur
Biografie des Rathenower Bildenden Künstlers
Willi H. Lippert
12. Nov. 1898 - 13. Nov.1981
mit einer Galerie
ausgewählter Werke der von ihm bedienten Kunstrichtungen
-Graphik - Malerei - Bildhauerei- Heraldik
Rathenow, im Januar 2011
Willi H. Lippert,
Kunstmaler, Grafiker, Bildhauer und Heraldiker
Willi H. Lippert, wie sein Künstlername lautete, war einer der vielseitigsten Kunstschaffenden, der in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Rathenow als Graphiker, Kunstmaler und Bildhauer wirkte und später in der Wahlheimat Brunsbüttel auch als Heraldiker bekannt wurde.
Lange Zeit in Vergessenheit geraten, erinnerte an ihn erstmals in Rathenow eine Ausstellung im Kulturhaus am 03. Nov.1985, vier Jahre nach seinem Tod. Zuvor und nachfolgend konnte aufgrund der spärlich vorhandenen Nachweise, nur mehr oder weniger zutreffendes über das Leben und Schaffen dieses bedeutenden Künstlers in unserer Region ausgesagt werden. Als letztes erschien nach intensiverer Nachforschung am Vortage seines 110. Geburtstages, ein etwas umfangreicherer Artikel über ihn in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung “ vom Autor dieser Veröffentlichung. Danach wurde weiteres über sein Leben und Schaffen ermittelt und in die nachfolgend dargestellte Biographie aufgenommen. Für die freundliche Hilfe bei den bisherigen Recherchen durch Rathenower Bürger, dem Sohn, Jörg Lippert, Herrn Kirschke in Premnitz, dem Museums in Brunsbüttel, besonders dessen ehemaligen Leiter, Herrn Norbert Wenn, sowie dem Kulturzentrum Rathenow, ist aufs herzlichste gedankt. Weitere Hinweise über die Arbeit und Leben sind erwünscht und werden gerne entgegen genommen. Eventuell noch vorhandene Briefe, Gemälde, wie z.B. „Der Steinsetzer“, „Adagio“, u.a., Grafiken und Lebensdaten wären von großem Interesse und für die weitere Forschung hilfreich, um das Lebensbild des Künstlers weiter vervollständigen zu können.
Zur Biographie
W.H.Lippert wurde am 12. November 1898 in Rathenow, im Haus Friesacker Str.27, als Sohn der Eltern, Otto und Helene Lippert, geb. Hannemann, geboren und erhielt die Vornamen Willy Otto!
Sein Vater übte zu dieser Zeit den Beruf eines Metalldrehers aus.
Seine Kindheit verbrachte er in Rathenow, wurde zu Ostern 1905 eingeschult und besuchte später das Gymnasium am Schulplatz.
Frühzeitig trat er der Wandervogelbewegung bei, betätigte sich aktiv und gewann hier einen großen Freundeskreis, die ihn Horsa riefen.
Da ihm dieser Name gefiel, signierte er später fast alle seine Arbeiten mit „W.H.Lippert“, wobei das „H“ wie wir heute wissen, ausschließlich für Horsa stand und nicht, wie irrtümlich berichtet, für Horst. Wir finden aber auch die Signierung W.H.Lipphart, die ihm eindeutig zuzuordnen ist. Schon sehr zeitig zeigte sich sein großes Zeichentalent, wofür uns leider bisher keine Zeugnisse überliefert sind.
Gerade 16 Jahre alt geworden, folgte er im 1. Weltkrieg den Aufrufen der „Führer“ seiner Zeit und trat nach bestandener Prüfung der mittleren Reife und knapp zehn Jahren Schulzeit am 1. Jan. 1915, wie viele Schüler seines Alters, in die kaiserliche Armee ein.
Er erhielt hier eine Funkerausbildung bei der Marine und überlebte den ersten Weltkrieg eventuell auch deshalb, weil er dem Aufruf des als legendären U-Boot-Kapitäns bekannt gewordenen und späteren Pastors, Martin Niemöller, folgend, sich bei der Marine bewarb und so dem Massensterben der schlecht ausgebildeten und dürftig ausgerüsteten Jugend beim Heer entging. Einzelheiten aus seiner Militärdienstzeit sind nicht bekannt und wegen der Zerstörung des Archivs der Kaiserlichen Marine nicht mehr zu ermitteln.
Nach Beendigung des Krieges kehrte er nach Rathenow mit dem Wunsch zurück, ein Studium der bildenden Kunst aufnehmen zu wollen. Aus dieser Zeit sind uns die ersten Federzeichnungen erhalten, die auch von seiner ausgeprägten Liebe zur Natur zeugen.
Eine Sammelmappe von Federzeichnungen vom Märkischen Waldrand sowie eine über Altstadtmotive von Rathenow erscheinen aber erst ab 1924 im Druck.
Bereits 1920 beteiligte er sich an einer gemeinsamen Ausstellung im Gymnasium am Schulplatz neben anderen Künstlern, wie des bereits bekannten Malers, Georg Penning.
Für sein erneutes Engagement in der Wandervogelbewegung zeugen u.a. seine von ihm entworfenen „Bausteine“ für ein Jugendheim in Rathenow, welches 1920 geplant war und die in verschiedenen Werten herauskamen. Den Nöten der Nachkriegszeit und der folgenden Inflation jener Jahre ist es geschuldet, daß dieses Projekt nicht realisiert werden konnte.
Auch sein beabsichtigtes Studium, welches er 1919 an der Hochschule für Kunst in Berlin beginnen wollte- er hatte sich dort für das Sommersemester eingetragen- konnte er zu dieser Zeit nicht aufnehmen.
Es kann angenommen werden, daß er zu dieser Zeit u.a. auch beim Hausbau der Eltern half, die zu dieser Zeit in der Schützenstraße 6 wohnend, (alte Numerierung) als Mitglied im Gartenbauverein „Rathenower Heimstätten“ auf dem Grünauer Weg 5 ein Siedlungshaus errichteten, welches 1922 bezugsfertig wurde und bis heute erhalten geblieben ist.
Es wird auch von einem Aufenthalt 1920 in Schlesien beim Grafen Schaffgotsch berichtet, für den W.H.L. Entwürfe für Ausstattungen eines Jagdschlosses in Schreiberhau erarbeitet haben soll.
Entwürfe für die Rathenower Notgeldscheine der Optik- und Husarenserie, welche wegen des Mangels an Kleingeld nach dem Krieg bei Flemming u. Wiskott in Glogau (Sl) oder auch Berlin gedruckt wurden, entstehen zu dieser Zeit. Die Entwürfe wurden von W.H.Lippert in der Größe DINA4 angefertigt Es folgen in den Jahren bis Ende 1922 Notgeldentwürfe für 10 weitere Städte in der Mark, Schlesien und Pommern mit bisher 17 bekannt gewordenen Serien.
Jene Scheine wurden zum Teil mit Tüten oder Sammeltaschen versehen und gelangten kaum in den Geldumlauf. Dagegen wurden die von ihm entworfenen zahlreichen, künstlerisch gestalteten Inflationsgeldscheine für Rathenow und schlesische Städte zu echten Zahlungsmitteln.
Mit dem Erlös aus diesen Arbeiten konnte er sich etliche Wünsche für seine Weiterbildung erfüllen, Urlaubsfahrten ins Gebirge und an die See durchführen und sich ein eigenes Atelier auf einem Gartengrundstück seines Vaters in Rathenow, Heimstättenweg 22 errichten, welches 1924 fertiggestellt wurde.
1922 lernte er seine spätere Frau Alma Hertha Martha Lauer kennen, welcher er den Kosenamen „Bärle“ gab, mit ihr gemeinsam reiste und mit den Freunden des Wandervogels durch die heimatliche Landschaft zog, wenn es die Zeit erlaubte.
Dabei war die Gegend um die Dörfer Lochow und Witzke das oft angestrebte Wanderziel beiderseits des Witzker Sees. In Witzke selbst befand sich das von der Wandervogelbewegung genutzte Heim. Hier entstand schon 1920 der Linolschnitt „Mutter Jäkel“, welche als Nachbarin das Kartoffelschälen besorgte.
1922 schuf er eine ganze Reihe interessanter Porträts optischer Berufe in Temperamalerei, von denen aber nur noch 6, von eventuell insgesamt 16 Bildern bisher nachgewiesen werden konnten. Diese sind ausschließlich mit Lipphart signiert.
Ab 1924 konnte er sein eigenes Atelier auf dem Grundstück des Vaters in Rathenow, Heimstättenweg 22, fertigstellen wodurch er nun in der Lage war, größere Arbeiten und besonders auch Skulpturen auszuführen.
Hier entstehen neben den aufgenommenen Studien bei Arthur Kampf (Historien- Allegorie- Landschafts- und Porträtmalerei) und Hugo Lederer (Bildhauerei) in Berlin in den folgenden Jahren zahlreiche Bildhauerarbeiten, wie Büsten, eine Brunnenfigur aus Sandstein, für das Hinterhofgebäude der AOK, W.-Külz-str.7, Grabdenkmäler und auch die anrührende Mädchenfigur für die seine Freundin, Alma Lauer, Modell stand, sowie großformatige Bilder.
Auch Wanderfreunde standen Modell für sein figürliches Schaffen.
Die bronzene Mädchenstatue, die er schlicht als die „Große Stehende“ bezeichnete, wurde 1928 von der Stadt angekauft und gelangte am 12. Juni vor dem Krankenhaus in Rathenow zur Aufstellung, nachdem sie in der Ausstellung (Dezember 1928) der „Rathenower Künstlerschaft“, welcher er neben anderen bekannten Rathenower Künstlern, wie Georg Penning, Emil Heinsdorff u.a. seit 1926 angehörte, großes Aufsehen erregt hatte.
Eine ebenso schöne Arbeit gelang später, 1930/31,mit der Spinnerin, welche er im Auftrag der Schlesischen Textilwerke Maethner u. Frahne in Landeshut gestaltete.
Die überlebensgroße Figurengruppe, der „Männer dreier Generationen“, wurde durch die Wohnungsbaugenossenschaft, Rathenower Bauverein e.G.m.b.H., auf Vorschlag des damaligen Vorsitzenden des Aufsichtsrates und Stadtrat Paul Szillat durch den Vorstand des Bauvereins, vertreten durch den Geschäftsführer, Karl Laege, 1930 in Auftrag gegeben und wahrscheinlich aus diesem Grund kurz vor dem Guß, 1933 von Jungnazis zerstört.
Bei den Plastischen Arbeiten von Mitte der zwanziger Jahre an, fand er Unterstützung durch den späteren Bildhauer Karl Mertens, welcher ihn als seinen Freund und Lehrmeister bezeichnete. Auch bestanden spätestens seit Beginn der Zwanziger Jahre enge Beziehungen zur Steinbildhauerei A. Gnotke in Rathenow.
Ein im impressionistischen Stil gemaltes Ölbild, welches seine Bärle in der Tür zum Atelier mit Obstschale zeigt, sorgte in der Berliner Kunstausstellung 1928, für Aufsehen und Anerkennung als bereits profilierter Kunstmaler, der sich in vielen Stilrichtungen versuchte.
Zahlreiche Porträts von Freunden oder Persönlichkeiten der Stadt entstehen in der Zeit von 1928 bis 1934. Unter anderen von den Eheleuten Martin und Grete Strehlow, welche die junge Familie Lippert in der Zeit der schweren Wirtschaftskrise unterstützten und Freunden der Rathenower Künstlerschaft, wie des Musikers Georg Krietsch sowie des Lehrers und Malers Ernst Hoffmann.
In der Kunstausstellung vom 26. 03. 1930 wird W.H.L mit seinem Grabdenkmal, (wahrscheinlich kniender Jüngling mit Feuerschale) Porträts und Märkischen Landschaften große Aufmerksamkeit und Bewunderung zuteil. „ Das Licht und Farbenspiel seiner –Hügellandschaft- ist Dichtung tiefster Innerlichkeit“, wird berichtet.
In der überaus aktiven Schaffenszeit etwa von 1924 bis 1932 wohnte W. H. Lippert in einer kleinen Wohnung des Hauses, Friesacker Str. 12a, welches gegenüber seinem Geburtshaus um1900 errichtet wurde.
Am 24.12.1932 heirateten „Horsa“ und „Bärle“ im Beisein der Freunde und Trauzeugen Ernst Zietemann und Erich Paul.
Da seine Wohnung jedoch nicht genügend Platz für zwei Personen bot, wohnte seine Frau Bärle, auch nach der Hochzeit weiterhin in einem kleinen Zimmer im Haus der Eltern, Grünauer Weg 5. In diesen Jahren der schwersten Wirtschaftskrise, der Notverordnungen und Arbeitslosigkeit, so wie der im Aufkommen begriffenen Nazigefahr, fand Horsa einschließlich einiger seiner bisherigen Freunde auch Zugang zum antinazistischen Kreis: „Die Mitte“. Dieser wurde von Berthold Metis, Abteilungsleiter im Kaufhaus Conitzer und Söhne, geleitet, wie der damalige Gefährte, Gerhard Dannehl später berichtete.
Diese Gruppierung, bestehend aus Angestellten, Arbeitern, Lehrer und Künstlern, traf sich nach belieben zum Gedankenaustausch und auch jeweils donnerstags zu politischen Themen und gewannen 1931 immer größeren Zulauf.
Da der bisher genutzte Raum in der Mittelstraße nicht mehr ausreichte, stellte Willi Lippert sein Atelier für diese Gesprächsrunden zur Verfügung.
Hier keimte auch der Gedanke, wegen der ständig zunehmenden sozialen Not (18% Arbeitslosigkeit), finanzielle Hilfe leisten zu wollen.
Das sollte durch künstlerische Mittel geschehen, so daß man wegen der vorhandenen personellen Voraussetzungen auf die Bildung eines Kabaretts verfiel. Dieser Gedanke fand allgemeine Zustimmung und nachdem mit Feuereifer getextet, komponiert und mitunter bis zum Morgengrauen geübt worden war, konnte am 13. Februar 1932 die erste Vorstellung der „Gruppe 32“, wie sie sich nun nannten, vor ausverkauftem Gesellschaftshaus in der Salzstraße über die Bühne gehen und das mit vollem Erfolg.
Das Programm umfaßte parodistische u. politische Kleinkunstbeiträge. Dabei agierten musikalisch u.a. Ernst Zietemann mit Schlagerpotporri an 11 Instrumenten, Berthold Metis mit Humoristischen Rezitationen u. dem: „Berliner Straßenhändler“, gefolgt von Gesangsparodien mit Horsa Lippert. Walter Altenkirch, Erich Paul u. Ernst Zietemann und weiteren Sketchen von Gerhard Heimann u. B. Metis, wie „Hafenkaschemme“ u. „Maske runter!“ mit zahlreichen Mitwirkenden.
Durch die überaus gut gelungene Premiere ermutigt, folgten noch zahlreiche ebenso gelungene Aufführungen u.a. auch in Premnitz u. Kirchmöser.
So konnte zur Unterstützung für Arbeitslose und Bedürftige ein „namhafter Betrag,“ so Dannehl, zur Verfügung gestellt werden.
Wie das im konkreten Fall vor sich ging und wieviel Geld eingespielt werden konnte, hat er leider nicht beschrieben.
Trotz erheblichen Zuspruchs der linken Parteien, konnten die Nazis ihre Positionen weiter verstärken und nach der Wahl am 5.März die Macht übernehmen. Mit Maßnahmen auf der Grundlage der, bereits einen Tag nach dem Reichstagsbrand erlassenen „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“, wurden noch im März Sozialdemokraten u. Kommunisten aus Ämtern und Funktionen gewaltsam entfernt und in Haft genommen.
Mit der zweiten Verhaftungswelle wurde auch W.H.Lippert laut Einlieferungsliste der Ortspolizei am 27. Juni 1933 neben anderen ihm nahestehenden Rathenower Bürgern, wie z.B. dem Redakteur Olaf Saile, verhaftet und in das Konzentrationslager in Oranienburg eingeliefert, welches in der alten Brauerei von der SA eingerichtet worden war.
Bereits am 26. Juni war Ernst Zietemann und Franz Laege, Geschäftsführer des Bauvereins, mit 27 weiteren Rathenower Bürgern, verhaftet worden. Es ist also nicht auszuschließen, dass der Grund für seine Verhaftung, vorrangig auf seine Nähe zu jüdischen und demokratisch gesinnten Bürgern Rathenows beruhte.
Im KZ wurde er genötigt, das Lagergeld zu entwerfen, welches nur innerhalb des Lagers gültig war und in einer Stückelung von 5, 10 u. 50 Pf sowie 1 M herauskam.
Diese gehören zu den auffälligsten und auch charakteristischsten aller, in deutschen Konzentrationslagern und Gettos, verwendeten Geldscheine und sind beredtes Zeugnis der nazistischen Gewaltherrschaft.
Zur Anfertigung der Entwürfe benötigte er offensichtlich nur wenige Tage, denn bereits Mitte Juli wurde er nach Intervention seiner Frau, wegen angeblicher Verwechslung, aus der Haft entlassen und kehrte nach Rathenow zurück. Das Lagergeld wurde noch im gleichen Monat eingeführt.
Wie aus dem Buch des Lagerkommandanten Schäfer: “Konzentrationslager Oranienburg“ zu entnehmen ist, erfolgte jedoch keine Entlassung ohne Unterschriftsleistung zweierlei Revers: erstens über die Vorgänge im Lager Schweigen zu bewahren und zweitens sich nicht gegen den Nationalsozialismus zu stellen. Die wiedererlangte Freiheit hatte also für alle ehemaligen Häftlinge ihren demütigenden Preis.
Noch 1933 entstehen weitere Porträts sowie Bilder von Bauten und Landschaften in verschiedenen Techniken und Stilarten.
Diese Aufträge gestatten den Ausbau des Ateliers im Heimstättenweg 22 zum Wohnhaus, für welches er zahlreiche Elemente und Mobiliar nach seinen Entwürfen herstellen ließ.
Mit einem Anteil eigener Leistungen wurde die Fertigstellung bereits 1936 geschafft.
Nach Aufnahme in die Reichskulturkammer im gleichem Jahr, erhielt er viele Aufträge für die Gestaltung von militärhistorischen Wandmalereien in Rathenower Kasernen sowie für das Arado-Flugzeugwerk in Heidefeld. Auch wurde eine von ihm geschaffene Sandsteinfigur, „Mann mit Pickelhaube“ bekannt, welche vor einer Kaserne Aufstellung fand.
Die später übermalte Wandgestaltung innerhalb des Rathenower Nordbahnhofes über den Verlauf der Brandenburgischen Städtebahn sowie die den alten Rathenowern noch bekannte Postkutsche über der Tür zur Gaststätte, stammt von ihm. Erhalten blieb jedoch nur die in Sgraffito ausgeführte Bahnhofsinschrift an der Ostseite des Gebäudes.
Auch die Wandmalereien in den Kasernen wurden zumeist erst nach dem Abzug der Sowjetischen Streitkräfte, mit der vorgenommenen Entkernung der Gebäude vernichtet.
Mit der Einberufung zur Kriegsmarine am 25.02.1940, sein Sohn Jörg war noch kein Jahr alt, endete seine Künstlerische Tätigkeit in Rathenow, da er nicht mehr hierher zurückkehren sollte.
Sein Einsatz erfolgte in der Marineflugabwehr zuerst in Sandhayn / Holstein und ab Nov. 1941 bei der Marineflakabteilung 254 in Friedrichshof bis zum 08.05.1945. Er absolvierte Lehrgänge in Glücksstadt und Swinemünde, durchlief mehrere Dienstgrade und wurde am 01.04.1943 zum Oberleutnant (MA) befördert.
In der dienstfreien Zeit zeichnete er auch hier, obwohl ihm kaum noch geeignetes Material zur Verfügung stand. Einige seiner Zeichnungen aus dieser Zeit sind erhalten geblieben und befinden sich im Heimatmuseum Brunsbüttel, der Stadt, die seine zweite Heimat werden sollte.
Seine Frau Bärle, die in Rathenow die schweren Kampfhandlungen kurz vor Kriegsende mit dem Sohn überlebte, entschloß sich 1946, zu ihrem Mann in die damalige englische Besatzungszone nach Brunsbüttel zu gehen und ihr Haus aufzugeben.
Es gelang ihr verschiedene, frühe Bilder bzw. Fotos ihres Mannes mitzunehmen, wodurch uns einiges mehr über sein Oeuvre erhalten blieb bzw. wieder bekannt wurde.
Nach dem Krieg, so schreibt der Chronist, N. Wenn, aus Brunsbüttel, gestaltete WHL u. a. die Casino-Räume für die englische Besatzungsmacht aus und unterhielt diese mit Gitarrespiel und Gesang.
Sechs Jahre lang arbeitet er ohne feste Anstellung an der Moje-Mittelschule und Grundschulen als Zeichenlehrer auf Honorarbasis, wurde Mitbegründer der Volkshochschule Brunsbüttelkoog und meistbeschäftigter Dozent derselben. Er blieb aber weiter als freischaffender Künstler tätig und galt bald als Chronist seiner Region.
Er schuf zahlreiche Buchillustrationen u.a. für „Das schöne Brunsbüttel“ u. „Bauern Handwerker und Seefahrer“. Auch Landschaftsbilder und Bilder über den Kampf der Menschen mit der Natur entstehen hier.
Mit einem großen Wandgemälde im Rathaussaal von Brunsbüttel über den schwierigen Kanalbau, erfuhren deren Erbauer eine bleibende Würdigung.
Besonders wurde WHL auch als Heraldiker bekannt, denn er entwarf das amtlich anerkannte Wappen und Siegel der Stadt, was zu großer Nachfrage führte. So schuf er für weitere Städte und Familien insgesamt etwa 240 Wappen.
Eine Fortsetzung seines plastischen Schaffens, wie in der Rathenower Zeit, gab es aber in Brunsbüttel nicht.
Von dort erfahren wir über eine Arbeit, an einem Buch mit dem Titel „Das uralte Vermächtnis des gestirnten Firmaments“, mit vielen Zeichnungen und Bildern, welches er nicht mehr fertigstellte, aber als Manuskript noch existiert. Sein langjähriges Interesse galt dabei auch den orientalischen Hyroglyphen und Mythen.
Im Jahre 1956 besuchte er auf Einladung Karl Mertens noch einmal Rathenow und sein ehemaliges Atelierhaus, welches zwischenzeitlich der Neffe seiner Frau erworben hatte.
Zunehmende Erblindung erschwerten und behinderten später das künstlerische Arbeiten derart, daß er auf die Hilfe seiner Frau bei der Ausführung angewiesen war. Schließlich mußte er die Arbeiten gänzlich einstellen.
Seine Leben endete am 13. November 1981, einen Tag nach seinem 83. Geburtstag.
Ein schlichter, fast unbehauener Stein mit der Inschrift „LIPPERT“ schmückt inzwischen beider Grab auf dem Paulusfriedhof in Brunsbüttel, welches liebevoll gepflegt wird.
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Nachwort
Elf Jahre später führte das Heimatmuseum Brunsbüttel am 22.Nov.1992 durch Initiative seines Leiters, Herrn Norbert Wenn, eine gelungene Retrospektive auf sein Leben und Wirken durch, wobei neben Fotos auch viele Originalbilder gezeigt werden konnten.
Eine besondere Würdigung der künstlerischen- und Lebensleistungen erfolgte durch den Galerist, Jens Rusch, welcher nicht umhin kam, die unterbliebene Anerkennung und Förderung des Künstlers durch die Stadt Brunsbüttel bitter zu beklagen.
Ein Grund mehr für uns, sich des Künstlers W.H.Lippert zu erinnern und sein Erbe auch in seiner Geburtsstadt Rathenow zu würdigen und zu bewahren.
In der nachfolgenden Galerie ist eine Auswahl seiner aufgefundenen oder fotografisch erhaltenen Kunstwerke ausgestellt, die uns die Vielfalt seines reichen künstlerischen Schaffens vor allem aus der Rathenower Zeit vor Augen führen sollen.
Galerie
1. Plastiken
„Nocke“ Werner Gnotke
Sandstein
Wandervogelmädchen
Grete Strehlow
„Betender Pilger“ Grabmal
Bronze
Drei Generationen
Tonmodell
Die Spinnerin
Bronze
Mädchenakt
Bronze
2. Porträts
Mutter Jäkel
Linolschnitt
Grete Strehlow
Aquarell
Gabriele Boars
Aquarell
Gertrud Krietsch
Aquarell
Mädchen in der Sonne
A. H. Lippert, 1928, Öl
Ernst Hoffmann
Aquarell
Hermann Huth
Aquarell
Georg Krietsch
Aquarell
Selbstbildnis
Aquarell
1. Berufsporträts der optischen Industrie
Justiererin
Tempera
Hornarbeiter
Tempera
Einrunder
Tempera
Bottichschleifer
Tempera
4. Altstadtmotive
Kirchberg
Öl
Seitenbeutel
Tempera
Jederitzer Tor
Öl
Kirchberg
Linolschnitt
Seitenbeutel
Linolschnitt
5. Landschaftsmotive
Märkischer Hof
Linolschnitt
Flüchtende Kiefer
Linolschnitt
Heideweg
Linolschnitt
Havellandschaft
Aquarell
Windflüchter
Aquarell
Reethaus
Aquarell
Sonnenblumen und Bauernhaus
Ölbild
Darßer Bauernhaus
Aquarell
Kiefernlandschaft
Aquarell
Hopener Mühle
Aquarell
Eddaler Kirche
Aquarell
Birkenlandschaft
Kreide
6. Aus der Christlichen Welt
Gotische Strahlen
Ölmalerei
Noah untnapishtim Pointilist
Aquarell
Moses
Aquarell
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7. Sagen und Mythen
Ödipus und Sphinx vor dem Tor von Theben Pointilist
Aquarell
Odysseus in der Meerenge vor den Sirenen
Ölbild
Charon der Fährmann der Unterwelt Pointilist
Aquarell
8. Allegorien
Vergänglichkeit u. Neubeginn Pointilist
Aquarell
Segeln Pointilist
Aquarell
9. Pflanzen und Blumen
Gräser
Aquarell
Distel mit Schmetterling
Aquarell
Kamelie
Aquarell
Holzstich
Dahlie
10. Frühe Federzeichnungen
Vom Märkischen Waldrand
Drei Birken auf der Heide
Vom Märkischen Waldrand
Am Haveltor
Am Schleusentor
Tor von St. Marien
11. Buchillustrationen
Alte Kirche von Marne
(Aus Wilhelm Johnsen „ Bauern, Handwerker, Seefahrer“ 1961)
Hinrich Meinert
(Aus Wilhelm Johnsen „ Bauern, Handwerker, Seefahrer“ 1961)
Bauernhaus
Lebensweg
Michael Kohlhaas
12. Graphische Arbeiten
A) Urkunden
1927
B) Geldscheine
a) Bausteine für ein Jugendheim in Rathenow
Baustein, einseitig, o.W
10 Mk o. J.(1920)
Baustein, einseitig, o.W.
5 Mk, o. J. (1920) .
Baustein, einseitig, o.W.
2 Mk. O. J. (1920)
b) Notgeldserien
Husarenserie o.D. (1921)
zu 50, 75, 80, 90 Pf
Rathenow
Optikserie o.D. (1921)
zu 2x50, 2x75, 2x90 Pf
Guhrau/ Gora (Pol)
Schmiedeberg i.R./ Kowary (Pol.)
Kleinscheckserie: Denkmal o.D. (1922)
zu: 50Pf., 1,- 2,- 3,- u. 5,- Mk
Bad Doberan
Kleinscheckserie “Stadtansichten” o.D. (1922)
zu: 25, 50, 75 Pf. 1,- 1,50 u. 3,. Mk
c) Banknoten
Rathenow, 500 Mk, 1922 (Avers)
Rathenow, 500 Mk, 1922 (Revers)
Rathenow, 500 TMk, 1923, (Avers)
Rathenow, 500 TMk, (Revers)
Glogau, 1000Mk, 1922, (Avers)
Glogau, 1000 Mk, 1922, (Revers)
Hindenburg (OS) 100 TMk, 1923, (Avers)
Hindenburg (OS) 100 TMk, 1923 (Revers)
d) Lagergeld des Konzentrationslagers der SA (Sturmbann III der Standarte 208) Oranienburg
zu 5 Pf, 10 Pf, 50 Pf u.1,-.Mk, Juli 1933,
welche in den jeweiligen Farben hell und dunkel gedruckt wurden.
Mit der Signierung „Lit“ sind die Entwürfe eindeutig W.H.Lippert zugeordnet.
C) Heraldik
Wappen der Stadt Heide Wappen des Kreises Dithmarschen
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Wappen der Familie Lippert
Werke im Besitz des Enkels Matthias Lippert 27.12.2019
Nr. 1 Kirchberg Linolschnitt
Nr. 2 Mädchen in der Sonne, Öl, 1928
Nr. 4 Wasserpforte in Rathenow
Nr. 5 Gotische Strahlen Öl
zum 125. Geburtstag
von Willi Horst Lippert
in Brunsbüttel
(01.10.2023 -01.11.2023)