2. Beiderseits der Havel von Rathenow bis Plaue von Günter Thonke 06.01.2011
Richtung Westen verlassen wir über die Havel und den Kanal den Ort und nähern uns den Kreisverkehr am Ende von Neue Schleuse, von den wir uns gen Böhne bewegen. Über die ICE-Strecke, einst die Blockstelle führt uns nun eine Brücke, von der wir in das Land schauen können bis zum Höhenzug des Pappert im Westen. Links liegt Bölkershof mit dem Mont Klamott der Stadt und den Sortierwerk der Firma Friese. Die Gehöfte danach wurden nach Dorfbränden ausgelagert auf ihre Ackerflächen, aber auch als Ziegeleien bis 1914 genutzt (Borchmann auf Ludwigshof, Fähnlein auf Bölkershof ).
Wir kommen nach Böhne und haben zuvor den Königsgraben erreicht, der zur Entwässerung der Niederung von Jerichow her auf Anraten des Sydower Pfarrers durch den „Alten Fritz“ um 1750 gegraben wurde. Einst wurde diese Niederung oft von Deichüber- flutungen der Elbe geplagt. Das Dorf Böhne (bonum= guter Ort) ist Wohnsitz des Landrates von Briest 1675 gewesen und von dort wurde die Rückeroberung Rathenows geplant mit seiner Hilfe. !944 wurde dort der damalige Hausherr Generalfeldmarschall von Kluge in aller Stille am Mausoleum auf dem Pappert bestattet. Heute ist dort alles eingeebnet, nur drei Steine erinnern an von Briest, von Briesen und von Kluge, die dorten ihre letzte Ruhe gefunden haben. 1412 hausten in Böhne die von Putlitz und von Quitzow räuberisch und wollten das Dorf einäschern, wenn nicht 6 Wispel Hafer und 5 Fuder Bier nachgeliefert werden würden. 1415 regulierten die Hohenzollern diese Landplage, nutzten aber später diese Leute für ihre Vorhaben!
Wir biegen ab nach Bützer, schon 946 und 1150 als Podesal erwähnt. Die letzte Ziegelei der einst vielen hier stellte 1966 die Produktion von Dachsteinen ein als VEB. Zuvor einst Witte & Sohn vom Sohn, gestempelt: Witte&SvS ! Rathenow auf den Steinen.
Die kleine Kirche hat uralte Deckenmalereien aus dem 12.Jahrhdt.
Die Brücke nach Milow über die Stremme, einst Grenze zwischen den Bistümern Brandenburg und Havelberg ist erreicht. Bevor es hier eine Zugbrücke gab, war dort nur eine Kahnfähre gewesen, auf der es wegen Überlastung zu einem folgenschweren tödlichen Unfall gekommen war. Da diese Zugbrücke 1945 gesprengt wurde folgte die heutige Brücke. Die Havel nimmt am Milower Schloss die aus dem alten Plauerkanal bei Rossdorf kommende Stremme auf, die am Milowerberg (72m) und Vieritzerberg (86m) die Wolfsmühle die Kraft lieferte. Die Fachwerkkirche in Milow ist einen Besuch wert und wir werden auf der Rückfahrt durch die Gemeinden kommen. Zur Linken fahren wir über die neue Brücke, die der alten Fährstelle nach dem Kriege folgte. Das linker Hand liegende Schloss, war einst eine oft umkämpfte Burg gewesen zwischen dem Magdeburger Bischof und dem Brandenburger Markgrafen und Kurfürsten. Von 1407 bis 1754 saßen dort die von Treskow, ehe Moritz von Anhalt, Sohn des „Alten Dessauer“ das Gut erwarb. Die Fähre wurde lange Zeit durch einen Bolle betrieben.
An der östlichen Havelseite treiben die Premnitzer Wassersport und viele bauten sich dort an der Strasse Datschen und Wohnhäuser.
Die Ampel leitet uns durch die alte Dorfstrassen von Premnitz,
an der Kirche vorbei und in der es noch den Luckeschen Vierseitenhof
gibt aus der Zeit als die Landwirtschaft noch „in“ war, aber auch die Ziegelproduktion schuf Arbeit. Die Tone kamen aus dem 1912 abge- soffenen See und wurden mit einer Seilbahn zur Ziegelei am Fluss gebracht. Groß wurde Premnitz durch die im ersten Krieg nach hier verlegte Pulverfabrik aus Köln- Rottweil, die dann auf Kunstseide durch die I.G.Farben umgerüstet wurde und der Schwefelsäure, Bleitetraethyl- und Aktivkohleherstellung folgten bis zu deren aus nach der Wende. Durch Polyamid hofft man auf einen neuen Anfang. Wir passieren das Wahrzeichen des Ortes, die Reste der alten Hafenbahnbrücke, den Bahnhof-Süd und verlassen den Ort am Kraftwerk zur Linken vorbei. Zur Rechten erkennen wir die Relikte einer alten Holländer-Mühle, ehe wir uns Döberitz nähern, einem alten wendischen Rundling einst, das sich heute nicht eingemeinden lassen möchte. Über Gapel kommen wir in das über tausendjährige Pritzerbe, sehen zur Rechten die Havel und ahnen dort die Bahnitzer-Schleuse mit seiner Sportboot-Umfahrung. In Pritzerbe gibt es noch die Fähre nach Kützkow mit seinem Zeltplatz und für PKW die Möglichkeit auf Plattenwegen nach Bahnitz und Möthlitz zu kommen.
Am Bahnhof geht es in Richtung Marzahne am Pritzerber-See vorbei.
Am Pass zwischen dem Ort und Fohrde kreuzen wir den Wasserweg zur Havel. Hier soll auch die Fluchtburg des Brandenburger Bischofs gewesen sein, ehe er diese nach Ziesar verlegte, näher zum Dienst-
Herrn in Magdeburg. Die alte Orgel in Pritzerbe stammt aus der Garnisonkirche von Potsdam (1772), die Glocken goss man 1793 in Berlin. Fischfang und Schiffbau hatten hier eine Heimat gehabt, solange der Wasserweg ein wichtiger Transportweg war. Der Bau des Plauerkanals reduzierte die Hauptrichtung Stettin- Magdeburg, nur nach Hamburg wuchsen die Transporte noch. Der Fluss war bis 1900 reguliert worden für die Schiffsgrößen durch Buhnen und Begradig- ungen und den Schleusen als Staustufen. Seenartig erweitert er sich bis zum Pass in Plaue. Die Havel hat ein sehr geringes Gefälle, von Spandau bis zur Mündung sind es 10 Meter. Beträchtlich ist dagegen die Breite,bei Potsdam 60-100 m, bei Brandenburg 215 – 315 m, bei Pritzerbe 100 – 160 m.
In Fohrde (1227 villa verden,1450 vorde) meint die Furt hier.
Über Tiekow und der Insel Lutze (luce= Versteck, Lauer) gegenüber
erreichen wir Briest (1294=villa brisitz,1396 =windisten Briest).
In Krahnepuhl gibt es weiterhin noch Steine und der Briester Flugplatz hofft auf eine Zukunft, ehe wir den Plauerpaß erreichen, einst durch seine natürliche Lage ein wichtiger der Mark.
Die alte Brücke und die Durchfahrung des Ortes hat ausgedient und nach einem mühevollen Bau tut es die neue Brücke. Im Ort Plaue geht es gemächlicher zu, das Schloss von einem Minister Friedrich des Ersten – von Görner – erbaut, kann zu einem der schönsten Landsitze der Mark gerechnet werden. Einst als Burg gehörte sie dem Magdeburger Erzbischof, dem Landeshauptmann Lippold von Bredow und dem Johann von Quitzow, ehe der Hohenzoller 1412 ihn vertrieb
Bögen wir im Ort ab, so kämen wir über die Brücke zum Wendsee nach Kirchmöser zum Seegarten am Plauer See. Wir aber fahren gen Genthin bis Neu-Bensdorf, biegen ab nach Alt-Bensdorf oder dort noch einmal nach Vehlen am dortigen Berg. So wir es nicht tun, geht es weiter nach Knoblauch. Hier soll einst eine Hostie aus der Kirche gestohlen worden sein, welche eine Vertreibung der Juden aus der Mark einleitete. Nitzahn und Jerchel heißen die nächsten Dörfer. In Jerchel wurde die Kirche abgerissen wegen Baufälligkeit, nur eine freihängende Glocke markiert noch die Stelle. In der Ferne sehen wir die Schlote von Premnitz und durchqueren Marquede, wo einst Ziegelsteine gebacken wurden. Vor uns liegen die Milower Berge und wir erreichen den einstigen Ortsteil Leopoldsburg, einer Gründung des Moritz von Anhalt. Der ließ eine eigene Kirche der reformierten Gemeinde bauen für seine Leute aus dem Anhaltinischen. Die sollte zwar schon abgerissen werden, dient heute dem Gelde. Die Eisenbahn kam einst von Genthin bis Milow-Süd, wurde aber nie bis Premnitz weitergeführt wie es einst geplant war. So hat alles seine Zeit. Die Dorfgrenze der beiden Gemeinden waren an den Vorgärten zu erkennen, Leopoldsburg leistete sich keine. Bimmel-Bolle, ein Bruder des Fährmannes, aus Berlin baute sich in Milow einen Prunkbau für die Erholungsuchenden seines Molkereibetriebes in Berlin. Sie wird nun als Jugendherberge genutzt.
Über die Havel und Premnitz nähern wir uns dem wachsenden Mögelin. Diese Chaussee wurde erst vor hundert Jahren über Pritzerbe nach Brandenburg gebaut, vorher ging der Weg über Grünaue, Seelensdorf, Hohenferchesar und Briest und als Chaussee über Bamme nach Marzahne seit 1848. Das Dorf Mögelin gehörte einst dem Bredow und den Kalandsbrüdern, einem Bettelorden und war an die Kirche Rathenows gebunden. Eine Ziegelei und Köhlerei im Walde belebten den Ort, in neuerer Zeit war es auch die Optik und der Maschinenbau gewesen. Heute siedeln sich viele Eigenheimbauer östlich der Bahn an, sie verdoppelten die Einwohnerzahl und alle haben nun Premnitz als Amtgemeinde. Die einstige Umgehungs - strasse ist wieder eine Dorfdurchfahrt geworden und wird gerne auf Tempofahrer kontrolliert. Ein Altarm der Havel wurde von den Bützerschen Ziegeleien einst zum Umladen der Steine vom Schiff auf einen Gleisanschluss genutzt. Das neue Gewerbegebiet auf dem Gelände des einstigen Arado-Flugzeugwerkes und Heidefeldes beginnt sich zu mausern und möge zu den gewünschten Arbeitsplätzen führen. Das füge die Zukunft.
Rathenow hat uns wieder, - Bismarckturm und Kirchturm grüßen und durch den Tunnel unter der ICE-Strecke kommen wir heim.
Wir sahen unsere Perlen am märkischen Sand, mehr und weniger geschichtsträchtig, aber für viele von uns die alte oder neue Heimat!