7. Des Lehrers Ankunft von Günter Thonke 06.01.2011
Die Ankunft des neuen Lehrers Das Osterfest warf seine Schatten voraus. Die Strasse wurde gefegt und geharkt und der ins Dorf kommende Fremdling wurde gemustert und gegrüßt. Das Pfarrhaus und die Schule waren schnell gefunden, seine Wohnung war heimelig warm. Freund Brandenburger hatte die alte Kagelmann als Wirtschafterin für ihn engagiert. Die akzeptierte er gleich als Großmutter. Ihr Auge war wachsam, um jegliches Gerede im Keim zu ersticken. -„Passt lieber auf eure Töchter auf oder haben die etwas von euch? Alle können keinen Lehrer kriegen und hätten schon in der Schule besser aufpassen sollen! Der neue Kanter findet schon sein Glück!“ - In der Liebe ging es noch nie nach Lesen, Schreiben und Rechnen ! - Nach dem Ostergottesdienst ging Fiete durch das Dorf. In der Kirche war er von allen beäugt worden, vom Patron in seiner Loge, von den Bauern, die ihre festen Plätze hatten und wehe es setzte sich einer verkehrt, da war es mit ihrem Christentum aus. Den Kossäten und Büdnern blieben die hinteren Reihen und Knechte, Mägde und Kinder gehörten auf die Galerie, in dieser Hackordnung des Dorfes damaliger Zeit. Er wusste sich kaum einzuordnen und ging hoch zur Orgel, die nach Brandenburger nun Frau Pastor selbst bespielte. Sein musikalisches Untalent wurde Gott sei Dank nicht gefragt. Frau Pastor konnte sich Selbstverwirklichen.
Es wehte ein laues Lüftchen an diesem Märztag. Drei Sommertage soll nach alter Bauernweisheit ja der März haben.
Die Kinder eilten zum Mühlenberg zum Eiertrudeln. Die angeknickten Eier wurden unten von den Schnellsten erobert und gleich vertilgt. Einige aßen des Guten zuviel und hatten am Abend „Bukwehdage“.
Die Bauern gingen in den Krug an der Kirchhofmauer.
Der Wirt war der Hannes Deibel. Wurde eine Lage bestellt, so hieß es „Deibel noch mal“.
So nahe am Friedhof hatte der Satan keinen weiten Weg zu Sündern.
Die Gäste hier beschauten sich nicht ob ihrer Sünden, - wer da ohne sei, ist ja lebendig tot. Auf ein langes Dasein hofft doch jeder.
Der Wirt der anderen Gaststätte hieß Karl Herrgott.
So kennen alle im Dorfe den Vornamen des Herrn, - das walte Karl!
Bei dem trafen sich die kleinen Leute und tauschten ihre Sorgen , Freuden und Meinungsverschiedenheiten aus. Bei einer Lage wurde vieles geregelt, ehe vor Gericht gezogen wurde. Dafür geben wir kein Geld aus und die da ticken sowieso anders als wir. Wegen einer Furche machen wir kein Fass auf. Ein verrückter Grenzstein ist kein Totschlag. Wurde im Krug eine Hochzeit gefeiert, so war man meist mit an oder man verkniff sich den Durst und das Kartenspiel, weil die Runde nicht voll wurde und das Kleingeld anderer Spieler fehlte. Doch des Teufelgebetbuch ließ Gerechtigkeit walten. Ewige Verlierer durften kiebitzen. Die Kinder waren die Schlimmsten. Solange die nicht vor die Tür gesetzt wurden, - zeigten die Spieler aber auch ein gutes Herz. Die Kinder waren keine Rechengenies, doch wie sie mit dem Spiel klar kamen, ist eines der ungelösten Rätsel der Menschheit!
Der Gemeindediener Otto Döbbelin fasste keine Karte an.
Er schlug aber auch keine Lage aus. Der Gendarm Rübenschüssel war unbestechlicher als Staatsgewalt. Beide waren aber immer im Dienst. Sie erlauschten und witterten die nie erwischten Spitzbuben.
Auf Wunsch des Pfarrers sollten sie die Übeltäter überführen die ihr gefiltertes Bier an der Kirchhofsmauer entblasten. Vor der Kaisereiche salutierten die alle und hatten Respekt. Die hinter der Mauer ruhten, hatten sich früher auch so benommen, - Machnitmehr und Kannitmehr. Der Gendarm war auch nur ein Mensch und schaffte es nicht immer bis nach Hause. Als er zwei Männer seines Jahrganges erwischte, drehten die sich hin zu ihm und die Geräusche verstummten an seinem langen Mantel, der mit den großen Taschen. Als er sie zur Rechen- schaft ziehen wollte, stritten die auf Teufel komm heraus, fragten nach Zeugen und behaupteten von nichts zu wissen. „Bist woll selber west?!“- Daheim soll er wie ein Wilder getobt haben.