Im Gedenken an Annemarie Schütz wurden die Goldstifterbriefe Nr. 21-24 am 01.02.2021
Annemarie Schütz, geborene Knackmuß, wurde am 26.04.1940 in Rathenow geboren. Ihre Mutter, Gertrud Elfriede Knackmuß, geborene Hirsch, kam aus Schlesien nach Lochow, wo sie Gräfin Ursula von Bredow, geborene von Lieres, die selbst aus Teichenau in Schlesien stammte, 1938 in Dienst genommen hatte. So lernte sie ihren Mann kennen, der Walter Knackmuß hieß und aus Semlin stammte. Mit ihrem vier Jahre jüngeren Bruder Heinz-Walter Franz wohnte Annemarie mit ihren Eltern zunächst bei den Großeltern Agnes und Otto Knackmuß in der Ferchesarer Straße 12 in Semlin und zog aber dann zum Seeblick 6 in eine Villa, die Lisa Mix aus Westberlin gehörte. Die Semliner nannten sie Birkenlisa, weil sie vor der Villa viele Birken gepflanzt hatte. In der Villa wohnte auf der Seeseite Heinrich Schlottmann mit seiner Frau Gertrud (Trudi), geborenen Nagel und den drei Söhnen Siegfried, Reinhard und Günter. Heinrich Schlottmann war ein lustiger Rheinländer und trank gern einen über den Durst. Er ging dann mit seiner Familie in den Westen, wo Trudi noch einen Sohn Uwe bekam. Dafür zog die Familie Otto und Sonja Steinemann, geborenen Krüger, mit ihren drei Töchtern Ilona, Petra und Manuela ein. Ganz oben wohnte das Lehrerehepaar Klaus und Edith Harms, die aber bald in das Schulhaus neben der Dorfkirche in Semlin umzog, sodass Dorothea Ukrajek mit ihrem Sohn Arthur dort einzogen. Die Villa lag ganz idyllisch zwischen zwei Gärten im Wald und am Semliner See. Der eine Garten reichte bis an den See. Annemarie half der Mutter im Haushalt und molk auch die Ziegen, wenn die Mutter verreist war. Sie war ein stilles und freundliches Mädchen und war bei allen Menschen sehr beliebt. Sie hatte lange blonde Zöpfe und alle Jungen waren wohl in sie verliebt. Das Ehepaar Harms hatte den Ehrgeiz, vor Weihnachten und vor den Sommerferien immer ein kulturelles Programm mit den Schulkindern auf die Beine zu stellen. Ich erinnere mich noch an eine Theateraufführung im Gasthof Thiedecke. In dem Stück "Die Regentrude" nach Theodor Storm spielte Annemarie die Maren und Siegfried Schlottmann den Andres, Mutter Stine war Regina Könicke und der Feuermann wurde von Siegrried Schröder gespielt. Christa Röhle spielte dei Regentrude und Richard Guthan den Wiesenbauern. Es waren glückliche Zeiten, die Annemarie mit ihren Freundinnen Doris König, Regina Könicke, Leonide Funk, Christa Röhle, Eva-Maria Lange und Christel Steckel in Semlin verlebte. Alle Mädchen hatten eine Pesiealbum, wo sich die Eltern und Freundinnen und Verwandten sowie der Lehrer mit Sinnsprüchen eintrugen. Als Annemarie das Buch auch dem Arthur Ukrajek gab, trug er folgenden Spruch ein:
"Arbeite fleißig!
Sei nicht faul!
Zahle Deine Steuern!
Halte stets das Maul!"
Seitdem hat sie keiner ihrer Freundinnen mehr einen Eintrag in das Album erlaubt. Arthur nannten alle Bobby, weil er in New York geboren wurde. Er ging mit seiner Mutter später nach Westdeutschland und wurde Studienrat. Nach der 10. Klasse erlernte sie den Beruf als Telefonistin und arbeitete im Fernmedeamt in Rathenow. Der Teamgeist unter den Mitarbeitern war sehr gut und sie fühlte sich auf der Arbeit geborgen. Vor dem 13.08.1961 musste sie mehrere Wochen als Telefonisten im Haupttelegrafenamt Berlin in der Oranienburger Straße arbeiten, denn die ostberliner Telefonistinnen waren alle in den Westen geflohen, ehe die Mauer gebaut wurden. Ihr Beruf hatte ihnen Informationen zukommen lassen, die sonst niemand hatte. Nach dem Mauerbau am 13. August konnte sie aber bald wieder nach Ratheow zurückkehren. Kurz danach erkrankte sie und die Ärzte wussten nicht recht, was ihr fehlte. Es war aber dann doch deutlich, dass sie an einer Depression litt, die erst sehr langsam besser wurde. Nach ihrer Heirat zog sie zwei Söhne groß, Jörg und Matthias Schütz. Die Krankheit kam aber wieder zurück und plagte sie viele Jahre ihres Lebens. Letztendlich konnte sie nicht mehr arbeiten und wurde berentet. Sie war eine gläubige Frau, die jeden Sonntag zum Gottesdienst ging und ihre Kinder auch taufen und konfirmieren ließ. Am 01.05.1997 trat sie in den Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V. ein. Unerwatet starb sie mit 68 Jahren an ihrer Erkrankung am 11.06.2008 und wurde auf dem Weinbergfriedhof in Rathenow begraben. Zum Gedenken an ihr Leben wurden für sie die Goldstifterbriefe Nr. 21-24 am 01.02.2021 (10.000,00 €) gestiftet. Sie war trotz ihrer Krankheit von Gott gesegnet.
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 01.02.2021