47-Landin- Die Hochzeitsreise der Alice und Dr. jur. Wichard von Bredow nach Landinam 01.01.2021
47. Die Hochzeitsreise von Alice und Dr. jur. Wichard von Bredow nach Landin
Das Brautpaar Alice und Wichard
Nach der Hochzeit am 10.11.1917 auf dem Gut Spahren im heutigen Lettland machte sich Dr. jur. Wichard von Bredow (* 1888 - † 30.05.1951) mit seiner Frau Alice von Bredow, geborene Baroness von Grotthuss, sofort auf die Hochzeitsreise. Und wo konnte die wohl anders hingehen als nach Landin. Am 11.11.1917 standen die beiden schon sehr früh auf und packten noch einen kleinen Rest von Sachen zusammen, ehe es in Begleitung der ganzen Familie und der Hausangestellten mit den Kutschen zum Bahnhof ging. Es war ein toller Abschied. Alice hatte noch zwei Flaschen Sekt und Gläser eingepackt und dann ging es los zum Bahnhof. Aber zuerst wurde noch am Bahnhof ein Glas Sekt getrunken auf den Abschied von der Heimat Spahren. Freunde begleiteten sie auch auf der Zugfahrt. Der Zug fuhr bis Mitau, wo man bei Verwandten eine kurze Rast einlegte und am nächsten Tag nach Pozeruny fuhr, wo die Zollkontrolle erfolgte, denn der nächste Ort gehört schon zu Deutschland. Von Allenstein ging es dann mit dem Schlafwagen nach Berlin. Auf dem Bahnhof Berlin-Friedrichstraße erwartet das junge Paar am 13.11.1917 früh am Morgen eine Droschke, die der Schwiegervater von Alice, Max von Bredow, vorbestellt hatte. Sie brachte die beiden zum Hotel Kaiserhof, wo die Schwiegermutter von Alice, Eugenie (Jenny) von Bredow, geborenen Gräfin von Schwerin aus dem Hause Wildenhoff/Ostpreußen (*1860 - † 1922), ein komfortables Zimmer bestellt hatte. Nach einem erfrischenden Bad gingen beide recht müde zu Bett und schliefen erst mal eine Runde. Als sie um 12:00 Uhr wieder wach wurden, aßen sie um 13:00 Uhr im Kaiserhof zu Mittag und machten dann bei unwirtlichem Novemberwetter in Berlin eine Shopping-Tour. Um 20:00 Uhr hatten sie in dem berühmten Restaurant „Borchardt“ ein Souper bestellt und Alice wunderte sich, dass es trotz Kriegszeiten noch den Champagner „Veuve Cliquot“ gab. Am 14.11.2017 ging es nach dem Frühstück wieder in die Geschäfte von Berlin, von denen Alice nicht genug sehen konnte und Wichard war geduldig und ließ alles über sich ergehen. Zum Kaffee waren sie bei Tante Misi Schwerin in der Hohenzollernstraße 3 eingeladen und hatten sich so viel zu erzählen, dass Wichard zum Aufbruch drängen musste, denn um 19.00 Uhr hatte Wichard Karten für „Figaros Hochzeit“ im Charlottenburger Opernhaus besorgt und sie bekamen auch eine Taxe, die sie vom Kaiserhof zur Oper brachte. Sie waren verliebt und glücklich und genossen alles in vollen Zügen. Zum Glück hatten sie aus Spahren einen großen Korb voll Lebensmittel mitgebracht und so holten sie zum Frühstück ihre Butter hervor, die es in Berlin nicht mehr gab. Am 15.11.1917 war es in Berlin etwas freundlicher und der Stadtbummel war deshalb für beide etwas angenehmer. Bei Kranzler aßen sie Eis und am Abend hatte Wichard wieder Karten für das „Dreimädelhaus“ im Friedrich-Wilhelm-Städtischen-Theater bestellt. Am 16.11.1917 ging es, nachdem das Reisegepäck mühevoll verstaut wurde, endlich mit dem Zug nach Friesack. Alice fand das Osthavelland wenig hübsch. In Friesack hielt vor dem Bahnhof ein Landauer (viersitziger Verdeckwagen) und Alices Schwiegervater, Max von Bredow (*1855 -†1918), nahm sie am Bahnsteig persönlich in Empfang. Der alte Kutscher Becker brachte das Gepäck in den Landauer.
Landauer
Der Schwiegervater von Alice, Max von Bredow, Herr auf Landin und Kriele, war Landrat im Westhavelland in Rathenow, Vorsitzender des Familienverbandes von Bredow und Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Er hatte Alice später oft gezeigt, wo er im Kreishaus gewohnt hatte. Im ersten Stock rechts war das Schlafzimmer und hinter dem Kreishaus befanden sich die Pferdeställe. Die vier großen Pferde, die den Landauer zogen, stammten aus dem Marstall der Kaiserin von Deutschland, Auguste Victoria, und waren zum Durchfüttern nach Landin gegeben worden. Das Wetter war schön und Alice genoss die zwölf Kilometer bis Landin sehr, denn im Gegensatz zum Osthavelland, ging es vorbei an Wiesen, Feldern und durch den Wald, als sie die Ackerbürgerstadt Friesack verlassen hatten. Einen Kilometer vor Landin wurden sie von zwei Reitern begrüßt, die einen Willkommensbrief vom Schlächtermeister und vom Schmiedemeister aus Kriele überreichten. Am Dorfeingang war eine Girlande gespannt mit der Aufschrift „Herzlich Willkommen“ und mitten im Dorf eine zweite Girlande mit der Aufschrift „Herzlichen Glückwunsch“ und die Schlosseinfahrt war auch mit einer Blumengirlande geschmückt. Vor dem Schloss in Landin hatten sich fast alle Männer, Frauen und Kinder aus Landin und Kriele versammelt und die Honoratioren hießen das junge Paar herzlich willkommen. Der Pfarrer Nagel, der Förster Ernst und der Oberinspektor Erfurt hielten Begrüßungsreden. Der Förster Ernst war auch Vorsitzender des Kriegervereins von Landin und so schritt Wichard von Bredow die Front der angetretenen Mitglieder des Kriegervereins ab und bedankte sich anschließend für die warme Aufnahme durch die Bewohner.
Landiner Schloss von der Hofseite
Die Dorfkinder hatten der Alice unzählige Blumensträuße überreicht, was sie sehr rührte. Unter dem über und über mit Blumen geschmückten Portal standen die Schwiegermutter Jenny von Bredow und Wichards Schwestern Elsa von Karstedt, geborenen von Bredow, (*1883 - †1945), Valeska von Bredow, genannt Vally (1880 – † 1958) und sein Bruder Harald von Bredow und begrüßten das junge Paar. Dann kamen erneut Schulkinder mit Blumen und sagten Gedichte auf. Überall standen Blumen und auch der Landrat vom Osthavelland in Nauen, Herr von Hahnke hatte Chrysanthemen geschickt.
Wichards früheres Zimmer hatte man zum Salon umfunktioniert und daneben befand sich das Schlafzimmer des jungen Paars. Hinter dem Schlafzimmer gab es noch einen Umkleideraum für die beiden frisch Vermählten. Nach einer kleinen Verschnaufpause wurden Tee und Kuchen serviert und am Abend gab es ein Hochzeitsdiner.
Das kleine Haus in Landin
Vier Wochen Urlaub waren Wichard von Bredow für die Hochzeit mit Alice bewilligt worden und so wurde fast jeden Tag ein Besuch bei den Bredows im Havelland gemacht. Alice und Wichard fuhren nach Senzke, Pessin, Bredow, Wagenitz, Vietznitz, Burg Friesack, Klessen, Görne und Stechow. Überall saßen die Bredows und freuten sich, als Wichard seine junge schöne Frau vorstellte. In Stechow war der Empfang besonders herzlich, denn ihre Exzellenz Marie von Bredow, geborene Freiin von Langermann und Erlencamp (*1859 - † 1948) führte dort den Haushalt ihres Sohnes Wilhelm von Bredow (*1891 - † 1979), der auch viele Jahre Vorsitzender des Familienverbandes derer von Bredow war. Natürlich waren Alice und Wichard auch in Briesen und Kotzen. Alice hatte sich gleich im Havelland heimisch gefühlt. Die vielen Wäldern, Seen, Wiesen und Feldern gefielen ihr und Wichard tat alles, dass sie in ihrer neuen Heimat Landin ankam und so war es wohl auch. Alice war in der Blüte ihrer Jugend an ihr Lebensziel gelangt, so dachte sie wenigstens. Es waren die schönsten Wochen ihres Lebens. Dass sie nach 28 Jahren ihre lieb gewonnene Heimat Landin im Havelland erneut verlassen musste, konnte sie damals noch nicht ahnen.
© Dr. Heinz-Walter Knackmuß 01.01.2021
Ich danken Otto Freiherr von Grotthuss für die Unterstützung und für die leihweise Überlassung des Buches von Max-Wichard von Bredow „Spahren – ein Gut in Kurland“, aus dem das meiste mit kleinen Veränderungen zitiert wurde.