Vogels Vermächtnis am 21.01.2012
Werner Vogel mit seiner Frau Irmgard in Bonn
Werner Vogel wurde am 28.09.1918 in der Kleinen Hagenstraße 8 in Rathenow geboren. Seine Mutter starb nach der Entbindung. Sein Vater heiratete bald darauf und die Familie zog nach Neue Schleuse. 1930 wurde Werner Vogel in die Hagenschule (heutige Feuerwehr) eingeschult. Er hatte noch Unterricht bei dem berühmten Lehrer und Heimatdichter Walther Specht. Werner Vogel hätte auch gern das Abitur abgelegt, aber der Vater konnte das Schulgeld dafür nicht aufbringen. So blieb ihm nur auf Anraten seines Onkels, eine Lehre als Elektriker bei Walter Steffin in der Rhinower Straße, obwohl er lieber Gärtner gelernt hätte. Nach der Lehre kam er zu der Firma Wulschke in der Goethestraße, bis die Wehrmacht ihn in ihren Bann schlug. Er musste nach Norwegen und Finnland. Nach einer Kriegsverletzung kam er auf Umwegen wieder nach Rathenow und heiratete am 03.02.1945 im Dunckergymnasium Irmgard Voigt aus Ebelgünde. Die kirchliche Trauung musste wegen Bombenalarms im Keller des Hauses Forststr. 56 durchgeführt werden. Der berühmte Superintendent Georg Heimerdinger vollzog die Trauung. 1949 legte er erfolgreich die Prüfung zum Elektromeister ab, ging aber aus Furcht vor dem SED-Regime nach Beuel am Rhein, wo er zuletzt bei der Bundesbaudirektion als Elektromeister arbeitete. Das war für ihn eine sehr interessante Arbeit, weil er auch Einblicke in die Intimsphäre des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt bekam. Als er 1982 in Pension ging, engagierte er sich ehrenamtlich im Heimatverein in Bonn-Beuel, im Seniorenkreis im Sozialwerk der Bundesfinanzverwaltung und der evangelischen Kirche in Beuel. Sein ehrenamtliches Engagement wurde auf Vorschlag des Seniorenkreises im Sozialwerk der Bundesfinanzverwaltung mit dem Bundesverdienstkreuz gewürdigt. Der damalige Bundespräsident Roman Herzog verlieh ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande. Sein Herz hing aber immer an seiner alten Heimat Rathenow. Er war einer der wenigen Zeitzeugen, die minutiös beschreiben konnten, wer wo im Vorkriegsrathenow gewohnt hatte. So war es denn kein Wunder, dass er am 26.10.1999 dem Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V. beitrat. Er war immer stolz, ein Preuße zu sein und hielt auch an den preußischen Tugenden fest. Jedes Jahr zu Weihnachten beschenkte er seine Freunde mit einem Weihnachtsstern von der Gärtnerei Hinske. Als seine Frau gestorben war, musste er schweren Herzens in eine Seniorenheim in Bonn-Beul umziehen. Aber auch hier bastelte kleine Weihnachtsgeschenke für seine Mitbewohner. Er war überaus sparsam und rechnete alles auf den Cent genau aus, um nicht betrogen zu werden. Einer seiner Sprüche lautete: Die Menschen in der Welt fragen nur: „Wie komme ich an anderer Leute ihr Geld?“ Auch bezeichnete er seine Wohnung immer als Nest, denn ein Vogel habe eben immer ein Nest. Als er im Januar zu einer Operation ins Krankenhaus musste, war sein 93jähriger Körper doch nicht mehr in der Lage diese Krankheit zu überwinden und so starb er am 21.01.2012. Obwohl ich oft mit ihm telefoniert habe, hatte er nie angedeutet, dass er den Förderkreis mit Geld bedenken wollte. Deshalb war die Überraschung umso größer, als das Amtsgericht in Bonn mir am 22.03.2012 mitteilte, dass Werner Vogel in einem Vermächtnis verfügt habe, dem Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V. 50.000,00 € zukommen zu lassen. Er brannte darauf den Wiederaufbau der Kreuzgewölbe im Chorraum noch mit einen Augen zu erleben. Nun soll das Geld auch zu Werner Vogels Gedenken dafür verwendetet werden.
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 01.02.2021