Christus vor dem Hohen Rat -Tagung vom 01.07.2022 -02.07.2022
Christus vor dem Hohen Rat
Religion und Recht
im Kirchenraum
des 17. Jahrhunderts
Interdisziplinäre Tagung
01.07.-02.07.2022
im Chorraum der Sankt-Marien-Andreas-Kirche
in Rathenow
1. Geschichte
Die apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba aus Oldenburg ist Historikerin und hat einen Zweitwohnsitz in Rathenow. Sie ist seit dem 27.12.2017 Mitglied im Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V und seit dem 19.09.2020 auch Mitglied im Kuratorium des Förderkreises. Am 28.09.2019 hielt sie in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche einen Vortrag zum Gemälde eines unbekannten Malers in der Kirche von ca. 1650, das "Christus vor dem Hohen Rat" darstellt.
Christus vor dem Hohen Rat
Sankt-Marien-Andreas-Kirche Rathenow
Während der Vorbereitung zu diesem Vortrag kamen ihr doch mehr Fragen als Antworten, sodass sie die Idee hatte, eine wissenschaftliche Tagung in der Kirche durchzuführen, um die Hintergründe dieses Gemäldes aus vielen Seiten zu beleuchten. Sie wollte dabei Juristen, Theologen, Historiker, Kunsthistoriker, Restauratoren, und andere Forscher einbinden, um über Religion und Recht im Kirchenraum des 17. Jahrhunderts zu sprechen.
2. Vorbereitung
Der Plan war gefasst, doch nun ging es an die Fianzierung. Der Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V. bat in einem Spendenaufruf vom 01.10.2020 um um Spenden für diese wissenschaftliche Tagung und am 01.09.2021 waren 6166,00 € dafür eingegangen. Es waren große und kleine Spenden dabei. Die größte Spende mit 1000,00 € kam von Prof. Hans Müller aus Berlin, dem Enkel des berühmten Rathenower Baustadtrates Johann Friedrich Sprotte. Auch der Vorsitzende der Brandenburgischen Historischen Kommission, Prof. Dr. Klaus Neitmann, nahm an der Tagung teil und beteiligte sich mit seiner Kommission an der Finanzierung. Apl. Prof. Dr. Gudrun Gelba konnte nun loslegen und fragte alle entsperechenden Wissenschaftler an und bat sie um ihre Teilnahme. Und nach vielen Telefonaten, E-Mails und Fax-Schreiben stand der Termin der Tagung und die Referenten fest. 1.07. und 02.07.2022 im Chrorraum der Sankt-Marien-Andreas-Kirche. Neben der Tagung im Plenum, sprich Chorraum, waren zwei Ausflüge nach Stölln und Tangermünde geplant, wo auch Gemälde hängen mit dem Thema " Christus vor dem Hohen Rat."
3. Das Professorenkollegium tagt
Am 01.07.2022 waren alle 10 Professoren, Dr. Romana Rupiewiecz aus Warschau, die Restauratorin Annett Xenia Schulz und der ehemalige Chefgeologe des Niederlausitzer Braunkohlenreviers und heutige Bearbeiter christlicher Ikonographie Rudolf Bönisch um 9:00 Uhr im Chrorraum der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in diesem einmaligen Ambiente versammelt. Apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba hatte eine Kopie des Gemäldes "Christus vor dem Hohen Rat" anfertigen lassen und die stand nun im Chor neben Beamer und Leinwand.
Apl. prof. Dr. Gudrun Gleba (Oldenburg)
Video
Nach der Begrüßung durch die Tagungseiterin apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba sprachder Vorsitzende der Stadtverordenetenversammlung, Corrado Gursch, zu den Teilnehmern und drückte seine Bewunderung für diese einmalige wissenschaftliche Tagung in Rathenow aus. Er warb für die Kreisstadt des Havellandes mit ihrer schönen Umgebung und ging auf die Wiege der Optik in Rathenow ein, die der Stadt den Beinamen "Stadt der Optik" gab.
Corrado Gursch (Rathenow)
Vorsitzender der Stadtverordentenversammlung Rathenow
Der Geschäftsführende Pfarrer der Sankt-Marien-Andreas-Gemeinde, Jens Greulich, nahm an der Beratung teil und freute sich sehr, dass eine so hochkarätige Tagung in dem Gotteshaus stattfinden sollte. Mit dem Psalmwort "Wende dich, Herr, und errette meine Seele, hilf mir um deiner Güte willen!" gab er seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Tagung auch eine Wende der Erkenntnis über die Bedeutung des Gemäldes "Christus vor dem Hohen Rat" sein möge. Die Akustik im Chorraum ist schlecht und so baute Pfarrer Jens Greulich nach seiner Ansprache einen Lautsprecher mit zwei Mikrofonen auf, die auch für die hinten Sitzenden alles gut verständlich machten.
Jens Greulich (Rathenow)
Geschäftsführender Pfarrer der Sankt-Marien-Andreas-Gemeinde Rathenow
Nach Grußworten des Vorsitzenden des Förderkreises, Dr. Heinz-Walter Knackmuß und dem Vorsitzenden der Brandenburgischen Historischen Kommission, Prof. Dr. Klaus Neitmann, ging die Tagung los.
Dr. Heinz-Walter Knackmuß (Rathenow)
Vorsitzender des Förderkreises
Prof. Dr. Klaus Neitmann (Potsdam)
Vorsitzener der Brandenburgischen Historischen Kommission
Matthias Asche, Professor für Allgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Potsdam sprach über Kriege, Krisen und Katastrophen in Brandenburg im 17. Jahrhundert. Der Dreißigjährge Krieg (1618-1648) war ein Glaubenskrieg, der Brandenburg 15 Jahre verschonte, dann aber mit Wallenstein und den Schweden Not, Elend und Ruin ins Land brachte. In Havelland halbierte sich die Bevölkerung. Aber Not lehrt Beten und so glaubten die Menschen wie im alten Israel, durch ihre Sündhaftigkeit hätten sie selbst den Krieg und die wirtschaftliche Katastrophe heraufbeschworen. Ihr eigener Glaube sei nur intensiv zu leben, so würde Gott es wieder richten. Es kam zu einer besonders intensiven Frömmigkeit dem Pietismus. Aber die Kriegsgeschehen kamen durch den Krieg mit den Schweden 1675 - 1679 wieder nach Brandenburg zurück. Es war diese Mal kein Glaubenskrieg. Aber Gewalt und Unrecht kamen wieder und so kommt Prof. Asche auf das Gemälde "Christus vor dem Hohen Rat" zurück, wo der fromme Jesus Christus einem ungerechten Richter und bestechlichen Herrschern zum Opfer fällt.
Prof. Dr. Gerlinde Strohmaier-Wiederanders (Berlin)
Video
Die Theologin und Kirchenhistorikrin Prof. Dr. Gerlinde Strohmaier-Wiederanders aus Berlin referierte über die kirchlichen und städtischen Verhältnisse in Rathenow und Tangermünde zu Ende des 17. Jahrhunderts.
Rathenow ist 1216 am Havelübergang auf dem Weg der Kaufleute nach Stendal wie Tangermünde auch entstanden. Durch den 30-jährigen Krieg hat die Stadt sehr gelitten.1660 gab es nur noch 163 Bürgerhäuser. Durch den Schwedenkrieg kam es erneut zur Besetzung der Stadt, von der sie sich erst allmählich erholte. 1698 kam es durch Blítzeinschlag nach einem Gewitter zu einem großen Stadtbrand, bei dem das Rathaus und die Stadtziegelei abbrannten. Der Bürgermeister hatten allen Bürgern befohlen die Strohdächer durch Ziegeldächer zu ersetzen, aber seine eignen Häuser davon ausgenommen. 1691 kam der Jude Isaak David mit einem Schutzbrief des Kurfürsten nach Rathenow. Nach der Reformation hatte die Stadt das Patronat über die Kirche erhalten. Tangermünde war m Mittelalter eine wohlhabende Stadt, die aber durch sehr starre Regeln der Stadtverwaltung immer mehr dem Niedergang zuging. 1617 gab es einen Justizskandal um Grete Minde, die fälschlerweise als Brandstifterin eines großen Stadtbrandes bezichtigt und verurteilt wurde.
Prof. Dr. Siegrid Westphal (Osnabrück)
Prof. Dr. Siegrid Westphal ist Lehrstuhlinhaberin für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Osnabrück. Sie sprach zu Institutionen und Rechtsfindung im 17. Jahrhundert.
Das Heilige Römische Reich deutscher Nation existierte von 1495 - 1806. Es ertreckte sich von Dänemark bis Italien und von Westfrankreich bis nach Tschechien.
Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 1400
Quelle:https//de.wikipedia.org/wiki/Heiliges_Römisches_Reich#/media/Datei:HRR_1400.png
(Hinzufügung Dr. Knackmuß)
Mit dem "Ewigen Landfrieden" von 1495, beschlossen auf dem Wormser Reichstag, war diese Konföderation entstanden und gründete den Reichstag und das Reichskammergericht und später das Reichshofgericht. Der Kaiser hatte die Aufsicht über die Justiz. Recht gesprochen wurde von 7 - 9 Kurfürsten, 300 Fürsten Grafen und Herren und 50 Reichsstädte. Durch den 30-jährigen Krieg war diese Rechtsordnung etwas aus den Fugen geraten und man versuchte Recht und Gerechtigkeit nach dem Krieg wieder herzustellen.
Prof. Dr. Heiner Lück (Halle)
Prof. Dr. jur. Heiner Lück, ehmaliger Professor an der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg brachte in seinem Vortrag Konfliktlösungsmechnismen und Verfahrensarten im 17. Jahrhunder den Zuhöhrern näher. Im 17. Jahrhundert gab es gerichtliche und außergerichtliche Verfahren. Es gibt 20 verschieden Kritereien, wonach man Gerichtsverfahren differenzieren konnte. Es gab schon damals Zivelprozesse und Strafprozesse, weltliche Verfahren und kirchliche Verfahren, Dorfgerichtsverfahren, Stadtgerichtsverfahren, Rügegerichtsverfahren und vieles andere mehr. Es gibt viele Kriterien, wonach man die Gerichtsverfahren einteilen kann. Es gab daneben immer auch außergerichtliche Konfliktlösungen. Als Verfahren wurde im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation die Constitutio Criminalis Carolina angewendet, die eine Vereinheitlichung der Strafverfahren anstrebte und kurz Carolina genannt wurde. Prof. Dr. Heiner Lück geht dann auf dn Prozess gegen Grete Minde aus Tangermünde ein, wo der Tangermünder Rat auch den Brandenburgischen Schöppenstuhl um ein Gutachten ersuchte, ob man die Folter anwenden dürfe.
Prof. Dr. Mathias Schmoekel (Bonn)
Prof. Dr. Matias Schmoekel deutscher Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn sprach über die Darstellung von Gerichtsszenen im Mittelalter und beschrieb ausführlich die Gemälde im Gerichtssaal des Rathauses in Lüneburg. In den Gerichtslauben der Rathäuser sollten gute Richter wie Salomo oder Daniel den Menschen als Vorbild dienen bei der Rechtsprechung und es wurden die Tugenden und die Laster dargestellt.
4. Exkursionen
Nach der Mittagspause fuhr das Professorenkollegium und die übrigen Besucher der Tagung nach Stölln und Tangermünde, wo ebenfalls in den Kirche Gemälde mit dem Titel "Christus vor dem Hohen Rat" zu finden sind. Die Restauratorin Annett Xenia Schulz aus Berlin, die das Gemälde in Stölln erst kürzlich restauriert hat, berichtete über die Arbeit an dem Gemälde und über den Maler G. Becker im Havelland. Sie geht davon aus, dass das Werk eine Auftragsarbeit der Familie von der Hagen war und es auch ursprünglich im Schloss hing. Erst spätere Generationen haben das Bild in die Stöllner Dorfkirche gebracht, wo es eigentlich keinen richtigen Platz hat.
Christus vor dem Hohen Rat in Stölln von G. Becker
Annett Xenia Schulz (Mitte) in Stölln
Von links: apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba, Annett Xenia Schulz, Wilfried Zachert
Danach fuhr die Gruppe weiter nach Tangemünde, wo Christine Lehmann das Gemälde "Christus vor dem Hohen Rat" erklärte und anschließend eine Kirchen- und Stadtführung mit der Gruppe machte.
Christus vor dem Hohen Rat in St. Stephan in Tangermünde
5. Tagung am 02.07.2022 in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow
Am 02.07.2022 hatte der erwünschte Regen nachgelassen und die Sonne durchflutete die Kirche mit ihren bunten Fenstern im Chorraum und die interdisziplinäre Tagung wurde fortgesetzt mit einem Vortrag über die Kleidung und deren Symbolkraft von Prof. Dr. Philipp Zitzlsperger aus Innsbruck.
Prof. Dr. Philipp Zitzlsperger (Innsbruck)
Video
Am 02.07.2022 hatte der erwünschte Regen nachgelassen und die Sonne durchflutete die Kirche mit ihren bunten Fenstern im Chorraum und die interdisziplinäre Tagung wurde fortgesetzt mit einem Vortrag über die Kleidung und deren Symbolkraft von Prof. Dr. Philipp Zitzlsperger aus Innsbruck.
apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba (Oldenburg)
Apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba sprach über Texte, die auf den Tafeln zu finden sind und über Verweise auf die Stifter der Gemälde.
Dr. Romana Rupiewicz (Warschau)
Dr. Romana Rupiewicz berichtet über einen sensationellen Fund vom 15.03.1580, wo in der Nähe von L´Aquila ein angebliches Urteil des Pilatus in hebräischer Sprache gefunden wurde. das Dokument trug die Unterschriften von Notaren des Römischen Kaisers und von römischen Beamten. Das Urteil inspirierte viele Künstler zur Darstellung der Gerichtszenen. Um 1600 entwickelt sich ein Modell, das Wort und Bild miteinander verband. Die dargestellten Figuren haben Tafel in den Händen, wo der Name der Person und seine Äußerung zum Fall aufgeschrieben steht. Das erste Ölgemälde dieser Art befindet sich in der Kathedrale von Saint-Omer in Frankreich. Dr. Roman Rupiewicz hat in Europa etwa 100 Gemälde und fast eben soviele Kupferstiche gefunden. Das Gemälde in Rathenow ist das Werk eines anonymen Malers und eine getreuliche Nachahmung eines Drucks aus dem Jahr 1608 von Johannes van Doetecum, den Jüngeren. Becker malte das Bild "Christus vor dem Hohen Rat" in Stölln 1707 und verwendet dabei Stiche von Bertelli und Panderen. Otto Bernhard von der Hagen und seine Frau Ursula Hedwig, geborene von der Hagen werden als Stifter genannt und mit ihrem Wappen dargestellt.
Rudolf Bönisch sprach über die Kupferstiche und Kirchengemälde im Havelland, in der Börde und in der Altmark.
Prof. Dr. Andreas Wacke (Köln)
Den Schluss der Tagung bildete Prof. Dr. Andreas Wacke aus Köln, der das Gerichtsverfahren aus der Sicht eines Juristen für Römisches Recht erläuterte.
Nach der Abschlussdiskussion mit der Theologin Prof. Dr. Judith Becker aus Nantes in Frankreich fuhren die Teilnehmer beglückt nach Hause. Die Sankt-Marien-Andreas-Kirche mit ihrem Ambiente und das schöne Havelland hatten die meisten Professoren tief berührt. Solch einen Vorlesungsraum wie ihn der Chorraum der Kirche darstellt, ist schon etwas Besonderes und Einmaliges und das haben auch die Kosmopoliten unter den Wissenschaftlern gespürt. Dank ist vor allen dem Kuratoriumsmitglied des Förderkreises apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba zu sagen, die diese Tagung ins Leben gerufen hat und die Leitung der vielfältigen Vorträge aus den unterschiedlichen Fachgebieten hatte und alles gut zum Thema „Religion und Recht“ im Kirchenraum des 17. Jahrhunderts“ zusammenbrachte. Die Beiträge sollen in einer wissenschaftlichen Publikation veröffentlicht werden. Ich freue mich darauf. Man kann aber auch der Internetseite des Förderkreises die Vorträge ansehen. Bis auf zwei Referenten haben alle der Veröffentlichung im Internet zugestimmt.
Impressionen von der Tagung
Apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba bedankt sich bei der Schatzmeisterin des Förderkreises Heidi Maria Binder und bei Gabriele Scharein für die gute Versorgung beim Kaffeetrinken und beim Imbiss während der Tagung
Apfelkorb
Der Imbiß
Der Imbiss
Christine Lehmann aus Tangermünde (rechts)
Gäste aus Warschau
Chorraum=Tagungsraum
ein einmaliges Ambiente für eine wissenschaftliche Tagung
Tagungsteilnehmer Dr. rer. nat. Jürgen-Werner Hubbe, Magdeburg
Wilfried Zachert aus Stölln
Eine Geschichte am Rande
Interdisziplinäre Tagung "Christus vor dem Hohen Rat"
in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow
01.07.2022-02.07.2022
Prof. Dr. Siegrid Westphal aus Osnabrück sprach bei der Tagung über Institutionen der Rechtsfindung im 17. Jahrhundert und hatte ihren Ehemann Dr. Joachim Arenth mitgebracht, der natürlich nicht die ganze Zeit im Tagungsraum bleiben wollte, sondern auch die Schönheiten des Havellandes auf kleinen Spaziergängen erkundete. Als er von einem Spaziergang zurückkehrte, wurde er von der Kirchenaufsicht angefaucht: "Können Sie denn nicht lesen. Die Kirche ist heute für Besucher geschlossen." "Ja," meinte er, " das weiß ich, meine Frau und ich sind ja selbst hier bei der Tagung, ich war nur ein bisschen spazieren," und ging wieder in den Chorraum. Als er sich bei der zertifizierten Kirchenführerin und Mitglied im Förderkreis, Gabriele Scharein, darüber beschwerte, tröstete sie ihn sagte zu ihm: "Das müssen Sie nicht so ernst nehmen. Die Aufsicht schießt manchmal über das Ziel hinaus." "Ja, na wenn das so ist, will ich nichts gesagt haben. Ich würde auch gern was für die Restaurierung des Gemäldes spenden. Ich bin der Geschäftsführende Gesellschafter der Jenacon Foundation gGmbH, Zeitzer Straße 2, 07743 Jena Tel:036416288619." "Wieviel denn?" fragte Gabriele Scharein. "Na so 1000,00 €." Gabriele Scharein ging zu der Restauratorin Annett Xenia Schulz und fragte sie, was denn die Restaurierung des Gemäldes "Christus vor dem Hohen Rat" kosten würde. "Mindestens 4000,00 €," war die Antwort. So ging Gabriele Scharein noch einmal zu Dr. Joachim Arenth und sagte ihm, Frau Schulz hätte gemeint, die Restaurierung würde mindestens 4000,00 € kosten. " Na gut," sagte Dr. Arenth, "dann bekommen Sie 4000,00 €." Am 08.07.2022 konnte die Schatzmeisterin sehen, dass die 4000,00 € schon auf dem Konto des Förderkreises eingegangen waren - zweckgebunden für die Restaurierung des Gemäldes "Christus vor dem Hohen Rat" durch die Restauratorin Annett Xenia Schulz.Der Förderkreis bedankt sich bei Dr. Joachim Arenth von der Jenacon Faoundation und überreichte ihm die Stifterbriefe in Silber Nr. 78 -81.
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 08.07.2022
Pressemitteilung
Rathenower Kirchenbild im Fokus der Wissenschaft
Zwei Tage lang stand das Gemälde „Christus vor dem Hohen Rat“ im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit von mehr als einem Dutzend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Deutschland, Österreich, Italien, Polen und der Schweiz. Am 1./2. Juli diskutierten sie im Chorraum der Sankt Marien-Andreas Kirche über rechtsgeschichtliche, theologische, kunstgeschichtliche und historische Fragen. Das Bild zieht mehrere Stationen des Prozesses gegen Christus zusammen: den gefesselten Angeklagten Jesus, die Gelehrten des Hohen Rates mit Kaiphas als ihrem Vorsitzenden, das Volk, das die Verurteilung Jesu fordert und Pilatus, der von seinem erhöhten Richtersessel herab das Urteil verkündet. In das Bild ist eine Vielzahl von Texten eingeschrieben: Die Positionen der Rechtsgelehrten des Hohen Rates, von denen manche die Freilassung des Angeklagten fordern, andere dagegen ein schnelles Todesurteil sowie der Richterspruch des Pilatus und bei einigen Bildern auch eine Inschrift des Stifters oder der Stifterin, die sowohl aus städtischen wie aus adeligen Kreisen stammten. Das Bildmotiv war zu dem Zeitpunkt, als das Rathenower Bild angefertigt wurde, nicht neu. Am Ende des 16. Jh. war in Europa eine sensationelle Nachricht in Umlauf geraten: Man habe die originalen Stellungnahmen der Berater des Hohen Rates gefunden ebenso wie schon länger den Richtspruch des Pilatus, der Christus zum Tode durch Kreuzigung verurteilte. Schon als diese Nachricht aufkam, hegte man Zweifel an der Echtheit der gefundenen Dokumente und ein italienischer Rechtsgelehrter kam nach mehrjährigen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass es sich um „fake-news“ handelte. Doch da war die Sache schon in der Welt und hatte ihren Zug durch Europa angetreten. Zunächst entstanden unzählige Kupferstiche, im 17. Jh. dann großformatige Ölgemälde auf Holz und Leinwand.
In Mitteldeutschland sind vor allem die Gemälde in Helmstedt und Tangermünde, Rathenow und Stölln bekannt. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ebenso wie Gäste der Tagung konnten sich auf einer Exkursion in die kleine Dorfkirche im Ländchen Rhinow und in die Stadt an der Elbe selbst von den Ähnlichkeiten und Unterschieden überzeugen. In diesen Gegenden hatte der 30jährige Krieg besonders furchtbar gewütet; Recht und Ordnung waren fast außer Kraft gesetzt worden. Vielleicht lässt sich die Anfertigung der Gemälde mit der Sehnsucht nach rechtmäßigen, geordneten Verhältnissen, in weltlichen ebenso wie in kirchlichen Verhältnissen, erklären. Es konnte aufgezeigt werden, dass Gerichtsbilder, deren Inhalte der Bibel entnommen waren, sowohl in Rathäuser Einzug hielten als auch in kirchliche Räume, die ihrerseits immer wieder der Ort für die Regelung ganz weltlicher Angelegenheiten waren. Prof. Dr. Judith Becker, ev. Theologin und Kirchenhistorikerin von der HU Berlin, Prof. Dr. Matthias Asche, Geschichtswissenschaftler der Uni Potsdam und apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba, Historikerin der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg, haben die Konferenz vorbereitet und planen nun die Veröffentlichung des Tagungsbandes.
Als ganz besonderes Ergebnis lässt sich sicherlich festhalten, dass einer der Gäste der Tagung vom Empfang im Havelland so angetan war, dass er sich bereit erklärte, die fachmännische Restaurierung des Kirchenbildes mit einer nicht unerheblichen Summe zu unterstützen. So haben theoretische Überlegungen der Wissenschaften und pragmatisches Handeln für den Erhalt historischer Denkmäler in Rathenow zu einem wunderbaren Einklang gefunden.
Copyright: apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba, 02.07.2022
Tabulae ecclesiae S. Marien Andreae
Duobus diebus pictura "Christus ante Maximum Concilium" focus erat magis quam duodecim scientiarum ex Germania, Austria, Italia, Polonia et Helvetia. Die 1/2nd Iulii disputaverunt quaestiones iuridicae, theologicae, artis historicae et historicae in conclavi ecclesiae Sankt Marien-Andreas. Effigies varias inducit iudicii stationes contra Christum: accusatum Iesum vinctum, scholares Synedrinum cum Caipha praesidente, populus postulat damnationem Iesu et Pilati, qui iudicium de sella iudicis suscitat. Plurimi textuum picturae inscribuntur: positionem iurisconsultorum Summi Consilii, quorum nonnulli reo deliberant, alii de morte celeri, necnon de iudicio Pilati, et in picturis nonnullis; item inscriptionem donatoris ab urbanis et aristocraticis circulis. ARGUMENTUM Picturae novum non erat eo tempore quo imago Rathenow sublata est. Sub finem saeculi XVI, nuntium sensationum in Europa emissum est: inventa sunt primigenia consiliarii Summi Concilii, sicut iudicium Pilati, qui Christum cruci affixo ad mortem damnavit. Etiam cum hoc nuntium prorupisset, dubia de authenticitate documentorum inventa sunt et, post aliquot annos inquisitionis, iurisconsultus Italus ad conclusionem venit "falsum nuntium" esse. Sed tum res in mundo iam erat et iter per Europam inceperat. Initio, innumerae aeneae sculpturae factae sunt, secutae sunt picturae in ligno et carbasa in saeculo XVII. In Central Germania pictae in Helmstedt et Tangermunde, Rathenow et Stölln notissimae sunt. Scientes et hospites pariter colloquii similitudines et differentias sibi videre potuerunt in excursione ad ecclesiam parvam in parva regione Rhinow et ad villam Albis. Bellum triginta annorum in his regionibus magnopere saevitum est; Lex et ordo prope eversa est. Forsitan tabularum factio explicari potest per desiderium legitimarum, ordinatorum, tam saecularium quam ecclesiasticarum. Exhiberi potest tabulas forensium, quarum materia e Bibliis deprompta est, in atria villae, itemque in cubicula ecclesiasticorum penetrasse, quae vicissim semper locus ad res seculares componendas pertinebat. Prof. Dr. Judith Becker, ev., theologus et historicus ecclesiae HU Berlin, Prof. Matthias Asche, historicus in universitate Potsdam et apl., prof. Gudrun Gleba, historicus in Universitate Carl von Ossietzky Oldenburg, colloquium paravit et de actis divulgandis nunc cogitat. Ex speciali eventu, certo affirmari potest unum hospitum in colloquio a receptione in Havelland ita impressum fuisse ut ad professionem restitutionis ecclesiae cum summa non modica pictura favere consensisset. Hoc modo considerationes speculativae scientiae et actionis pragmaticae pro conservatione monumentorum historicorum in Rathenow miram harmoniam invenerunt.
Flyer
Tagungsleitung
Prof. Dr. Matthias Asche (Universität Potsdam)
Prof. Dr. Judith Becker (Humboldt-Universität zu Berlin)
apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg)
Forschungen zu politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen, kurz- wie langfristigen Transformationen erfordern unterschiedliche Modi des Herangehens. In der Vergangenheit haben diese Veränderungen sichtbare und greifbare ebenso wie mentale Spuren hinterlassen.
Sie finden sich in den Archiven und in der materiellen Kultur ebenso wie in Denk- und Verhaltensweisen.
Auch die Überlegungen, wie Recht und Gerechtigkeit zueinander stehen, wie Rechtsfindung, Prozessabläufe, Urteile und Urteilsvollstreckungen
zu erfassen sind, gehören in diese Thematik langfristiger politischer und gesellschaftlicher Veränderungsprozesse.
Für die institutionellen wie mentalen Umbrüche des 17. Jahrhunderts verdichten sich diese Überlegungen künstlerisch u.a. in einer Gruppe von Bildwerken, die sich unter der Bezeichnung „Christus vor dem hohen Rat“ in Mitteldeutschland erhalten hat.
Vertreter*innen verschiedener Disziplinen der Geschichtswissenschaft, der Rechtsgeschichte, der Theologie, der Kunstgeschichte und der Kultur- wissenschaften fragen in dieser Tagung nach der Aussagekraft dieser Kirchenbilder und ihrer Einordnung in die geschichtlichen, rechtlichen und künstlerischen Verhältnisse des 17. Jahrhunderts.
Die Tagung steht auch Interessierten offen. Anmeldungen zur Teilnahme an der Tagung und ggf. an der Exkursion bis zum 1. Juni 2022 |
Die Tagung wird gefördert durch den Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas Kirche in Rathenow e. V. sowie durch die Brandenburgische Historische Kommission.
Christus vor dem Hohen Rat
Religion und Recht im Kirchenraum
des 17. Jahrhunderts
Interdisziplinäre Tagung
Freitag 1. Juli/ Samstag 2. Juli 2022
Tagungsort: Rathenow
St. Marien-Andreas Kirche
Anreise am Donnerstag, 30. Juni 2022
17.00 Stadtführung und anschließendes gemeinsames Abendessen der Referent*innen
Freitag, 1. Juli
9. 00 Begrüßung und Einführung
Grußwort eines Gemeindevertreters der St. Marien-Andreas-Kirche
Grußwort von Klaus Neitmann für die Brandenburgische Historische Kommission
Gesellschaft und Religion im 17. Jahrhundert
9. 15 Matthias Asche (Potsdam)
Kriege, Krisen und Katastrophen. Brandenburg und die angrenzenden Landschaften im 17.
Jahrhundert
10.00 Gerlinde Strohmaier-Wiederanders (Berlin)
Die kirchlichen und städtischen Verhältnisse in Rathenow und Tangermünde zu Ende des 17.
und Anfang des 18. Jahrhunderts
10.45 Kaffeepause
Rechtsfindung und Prozessformen im 17. Jahrhundert
11.15 Siegrid Westphal (Osnabrück)
Institutionen der Rechtsfindung im 17. Jahrhundert
12.00 Heiner Lück (Halle)
Konfliktlösungsmechanismen und Verfahrensarten im 17. Jahrhundert
12.45 Mathias Schmoekel (Bonn)
Die Darstellung von Gerichtsszenen in Mittelalter und Früher Neuzeit
13.30 Mittagsimbiss
Christus vor dem Hohen Rat – die Kirchenbilder
14.00 Exkursion der Referent*innen nach Stölln und Tangermünde.
Weitere Teilnehmer*innen an der Exkursion entrichten einen Unkostenbeitrag von 8 €.
Eine Anmeldung vorab ist erforderlich.
15.00 Annett Xenia Schulz (Berlin)
Restaurierung des Stöllner Dorfkirchenbildes „Christus vor dem Hohen Rat“ und das Oevre von
dessen Maler G. Becker im Havelland
16.30 Besichtigung von St. Stephan und dem dortigen Kirchenbild, anschließend Führung durch St.
Stephan und Tangermünde
19.00 Gemeinsames Abendessen für die Referent*innen
21.00 Rückfahrt nach Rathenow
Samstag, 2. Juli
Die Kirchenbilder
9.00 Philipp Zitzlsperger (Innsbruck)
Die Kleidung der Richter. Vestimentäre Symbole und das Problem ihrer Bildquellen
9.45 Gudrun Gleba (Oldenburg)
Schrift(en) und Text(e) im Bild „Christus vor dem Hohen Rat.“
Die Kommunikation zwischen den Richtern, das Urteil des Pilatus
und die Verweise auf Stifter und Stifterinnen
10.30 Kaffeepause
Gerichtsbilder im Kirchenraum
10.45 Romana Rupiewiecz (Warschau)
,Das Blutgirig Gericht und Urtheil der Juden über Christum
Jesum der Welt Heiland‘ – from pamphlets to large-format
paintings in Christian Churches
11.30 Rudolf Bönisch (Lübbenau/Spreewald)
Christus vor Kaiphas, Herodes und Pilatus – Kupferstiche
und Kirchengemälde im Havelland sowie in Altmark und Börde
12.30 Mittagsimbiss
13.15 Andreas Wacke (Köln)
Gemälde über den Jesus-Prozess aus der Sicht eines
Römischrechtlers
14.00 Abschlussdiskussion
Résumé und Moderation: Judith Becker (Berlin/Nantes)
14.30 Ende der Tagung
Copyright: apl.Prof. Dr. Gudrun Gleba