69-Landin- Der Bohnenkönig von Landin 01.11.2022
69. Der Bohnenkönig von Landin
Ehe die Familie von Bredow nach Landin kam, gab es ein kleines Herrenhaus, das Jan von Lantyn gehörte. Er bewirtschafte das große Gut mit seiner Frau Dorothea. Sie hatten durch umfangreichen Landbesitz ein üppiges Auskommen und waren zufrieden. Dorothea von Lantyn hatte drei Söhne geboren Jakobus, Konrad und Ludger. Die drei Söhnen liebten sich so herzlich, dass sie auch als sie schon verheiratet waren, im Gutshaus wohnen blieben. Platz war genug für alle da und das Gut hatte Arbeit für die Großfamilie in Hülle und Fülle.
Natürlich hatte der Vater Jan bestimmt, dass sein ältester Sohn Jakobus alles erben sollte, aber der wollte nicht. Sei es nun, dass er seine jüngeren Brüder so sehr liebte, sei es, dass er sich als nicht geeignet ansah, das große Gut zu führen. Er bestand darauf, das Erbe nur mit seinen Brüdern gemeinsam zu verwalten.
Jakobus Konrad Ludger
Die Mutter Dorothea hatte wohl manche Nacht durchweint, aber sie konnte ihren ältesten Sohn nicht umstimmen. Als der Vater starb, rief die Mutter einen Familienrat mit ihren Söhnen, Schwiegertöchtern und Enkeln zusammen und sagte: „Heute ist der 1. Advent, ein neues Kirchenjahr fängt an und wir wollen heute ein Fest feiern und ich will euch einen Vorschlag machen.“ Es wurde also aufgetafelt. Nach der Rote Beete-Suppe gab es Entenbraten mit Rotkraut und anderen Gemüsen und als Nachtisch hatte die Mutter eine große Schüssel einer süßen Mehlspeise gekocht, die reichlich Bienenhonig und in Wein eingelegte Kirschen enthielt. Eine kleine Schüssel davon hatte sie separat gestellt und sagte:“ Diese Schüssel ist nur für meine Söhne bestimmt.“ Die Söhne mussten sich kleine Portionen selbst abfüllen und vor der Familie aufessen. Als Konrad seine Speise kostete, fand er eine Bohne darin. Die Mutter nahm die Bohne vom Teller ihres Sohnes und erklärte, dass ihr in den schlaflosen Nächten eine Idee gekommen wäre. Wenn alle damit einverstanden wären, wollten sie jedes Jahr zum ersten Advent ein solches Fest feiern und wer in der Nachspeise von den drei Söhnen die Bohne fände, der sollte ein Jahr lang der „Bohnenkönig“ sein und das Gut verwalten und alle anderen sollten sich seinen Anordnungen fügen. „Da Jakobus ja das Erbe nicht antreten möchte und ihr drei mit euren Familien hier wohnen bleiben wollt, finde ich das eine gute Lösung.“
Die Söhne fanden den Vorschlag annehmbar und so wurde jedes Jahr ein neuer Bohnenkönig ernannt, der dann das Gut führen musste. Das ging, solange, bis auch alle drei Söhne gestorben waren und die Familien sich doch zerstreut hatten und nun trat die natürliche Erbfolge wieder in Kraft. Aber die Kinder und die Dorfbewohnen sprachen noch viele Jahre über die Herrschaft der Bohnenkönige von Landin.
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 01.11.2022