Bedeutung des Förderkreises für Kirche und Stadt Rathenow 09.02.2023
Die Bedeutung des Förderkreises zum Wiederaufbau
der Sankt-Marien-Andreas-Kirche
für die Sankt-Marien-Andreas-Gemeinde und die Stadt Rathenow
Kerstin Zink-Zimmermann, Thomas Weisner, Dr. Heinz-Walter Knackmuß, Hartmut Fellenberg, Heidi-Maria Binder
Vorstand des Förderkreises
1. Ursprung
Als sich am 15.09.1996 auf Initiative des Amtsarztes von Rathenow Dr. Heinz-Walter Knackmuß in der Kirche eine kleine Gruppe von Menschen versammelte, um einen Verein zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche zu gründen, stand als erstes Ziel auf dem Arbeitsplan, Geld zu sammeln. Die im Zweiten Weltkrieg, am 28./29.04.1945, zerstörte Kirche sollte zum Lobe Gottes wiederaufgebaut werden. Aber es war in der Satzung schon festgeschrieben, dass sich der Förderkreis auch mit der Sammlung und Auswertung der Schriften über die Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow befassen wollte. Die Gruppe umfasste zunächst 47 Menschen aus Rathenow und wuchs aber bis zum Jahr 2023 auf 284 Mitglieder aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, den Niederlanden und Finnland an, obwohl Jahr für Jahr Mitglieder starben. Das prominenteste Mitglied war die Bischöfin Rosemarie Köhn aus Hamar in Norwegen, die 2022 gestorben ist.
2. Spenden
-Die erste Spendenaktion, die der Förderkreis auflegte war gedacht für die neuen Fenster im Chorraum, die von 1995 – 2000 entstanden.
-Die zweite Spendenaktion war für den Wiederaufbau des Turms. Die Stadt Rathenow übernahm 1999 für die Kirchengemeinde die Pflichten der Bauherrin. Der Turmneubau konnte 2002 erfolgreich abgeschlossen werden. Als vor Weihnachten 2001 Handwerkerrechnungen für den Turm in Höhe von 160.000,00 DM (80.000,00 €) aufgelaufen waren, rief der damalige Bürgermeister Stadt Rathenow den Vorsitzenden des Förderkreises Dr. Heinz-Walter Knackmuß zu sich und teilte ihm mit, dass er einen Baustopp verfügen müsse, weil die Handwerkerrechnungen nicht mehr bezahlt werden könnten. Dr. Heinz-Walter Knackmuß und die damalige Schatzmeisterin Gisela Rosenberg gingen daraufhin sofort zum Vorstandsvorsitzenden der Volksbank Rathenow, Siegfried Mertin, und baten ihn um einen Kredit von 200.000,00 DM (100.000,00 €) für den Förderkreis ohne Sicherheiten. Die Volksbank gewährte den Kredit umgehend und so konnten die Handwerkerrechnungen noch vor Weihnachten bezahlt werden und der Baustopp wurde ausgesetzt. Der Förderkreis bot symbolisch Kupferplatten für die Turmspitze an und überreichte Spendenurkunden an die Menschen. Es gab 289 einfache Kupferplattenurkunden für 125,00 € und 22 Ehrenstifterplatten für 500,00 €.
- Die dritte große Spendenaktion betraf den Wiederaufbau der Kreuzgewölbe im Mittelschiff (2009 -2010), wo der Förderkreis 250.00,00 € aufbringen musste, um die die Finanzierung zu sichern. Dafür wurden Dachsteinspenden für 10,00 € angeboten.
Da die lokale Presse den Wiederaufbau engagiert begleitete, war das eine großer Erfolg.
- Die vierte Spendenaktion betraf 2011 die Erneuerung der gotischen Fenster im Kirchenschiff mit 5mm dickem Goetheglas in Rautenform. Dafür gab der Förderkreis Urkunden für Rautenfensterspenden in Höhe von 10,00 € heraus. 2011 wurden auch für 40.000,00 € des Förderkreises die Kreuzgewölbe in der Marienkapelle neu erbaut.
- Daneben gab der Förderkreis Stifterbriefe in beliebiger Höhe, Stifterbriefe in Platin für 5000,00 €, in Gold für 2500,00 € in Silber für 1000,00 € und in Bronze für 500,00 € heraus. Daneben gab es Bausteine für 100,00 €, Orgelpfeifen für 100,00 €. Emporenstifterbriefe für20,00 € und Kanzelstifterbriefe für 50,00 €. Für den Wiederaufbau der Kreuzgewölbe im Chorraum gibt der Förderkreis Säulensteinurkunden für 5,00 € an die Spender.
Nur auf Initiative des Förderkreises gelang es der Sankt-Marien-Andreas-Gemeinde Fördermittel in Höhe von 7,5 Mio. € vom Bund und vom Land für den Wiederaufbau der Kreuzgewölbe im Chor, für die Emporen und eine Heizung in der Kirche zu bekommen.
3. Das kulturelle Leben in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche
- Ausstellungen Der Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V. hat sich seit seinem Bestehen bemüht, viele Ausstellungen in der Kirche zu präsentieren. Fast alle Maler im Landkreis Havelland haben ihre Werke schon in der Kirche präsentiert, wobei der Auftakt immer mit einem Konzert verbunden ist. Viele Menschen besuchten diese Ausstellungen in der Kirche. Es gab natürlich auch Künstler aus Berlin sowie aus der ganzen Bundesrepublik Deutschland. Den Jahresausklang macht immer eine Weihnachtskrippenausstellung mit über 80 Exponaten aus der ganzen Welt.
- Konzerte Viele Konzerte hat der Förderkreis in der Kirche mit lokalen und internationlen Künstlern gestaltet. Kammersänger Jochen Kowalski war mehrmals zu Konzerten in der Kirche. Kirchenmusikdirektor Prof. Matthias Eisenberg kommt regelmäßig zu Benefizorgelkonzerten in die Kirche. Aber auch die Reihe „Musikschulen öffnen Kirchen“ findet in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche ihren Widerhall und viele Chöre gastierten in der Kirche. Zur Weihnachtszeit ist die Nachfrage von Orchestern und Chören besonders groß. Wenn erst eine Heizung möglich sein wird, ist damit zu rechnen, dass noch mehr Interpreten kommen. Manche Konzertmitschnitte hat der Förderkreis auf seiner Internetseite www.rathenow-kirchen.de eingestellt. Spitzenpositionen nehmen bei den Videoabrufen die Chorvereinigung „Harmonie“, die Don Kosaken, der Kammerchor der Neuapostolischen Kirche Sachsen-Anhalt, Klezmer-Konzerte und die Sopranistinnen Annett Neumann und Magdalena Buchholz ein.
-Lesungen Am 24.06.2016 fand unter Leitung des Förderkreises anlässlich der 800-Jahrfeier der Stadt Rathenow eine achthundertminütige Lesung aus der Bibel in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche statt. Fast vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang lasen 80 vom Förderkreis dafür gewonnenen Menschen 10 Minuten lang Texte aus dem Alten und Neuen Testament der Bibel vor. In der Kirche fand am 24.07.2016 Buchlesungen über Joseph und seine Brüder von Thomas Mann statt, die vier Mitglieder des Förderkreises (Prof. Dr. Dr. Dr. Rainer Lehmann, Dr. Heinz-Walter Knackmuß, Peter Kurth und Wiltrud Weber), vornahmen und 2022 drei Autorenlesungen unter dem Motto „Trilogie des Lebens“.
- Kirchenführungen Der Förderkreis hat einen Plan für die Kirchenführungen aufgestellt und hatte ein Jahr lang (2014) ca. 20 zertifizierte Kirchenführer ausgebildet, die die gesamte Zeit der Bundesgartenschau 2015 in Rathenow Kirchenführungen nach einem Dienstplan durchführten. Es konnten 2015 ca. 70.000 Besucher in der Kirche begrüßt werden. Historische Führungen im Gewand des in Rathenow geborenen Bischofs Dr. Stephan Bodecker sind dabei besonders beliebt.
- Festumzug zur 800-Jahrfeier der Stadt Rathenow Am 12.09.2016 gab es einen Festumzug durch die Stadt Rathenow anlässlich der 800-Jahrfeier der Stadt. Der Vorsitzende des Förderkreises Dr. Heinz-Walter Knackmuß, ging als Bischof Dr. Stephan Bodecker (*15.11.1384 in Rathenow – †15.02.1459 in Brandenburg an der Havel) im Umzug mit und wurde von einem Herold (Jürgen Scharein) und einem Mönch (Horst Ostermann) dabei begleitet.
-Aufsicht Der Förderkreis hat einen Dienstplan für die Aufsicht an den Wochenenden und zu den Feiertagen aufgestellt und übernimmt von 14-16 Uhr an diesen Tagen den Empfang der Besucher und macht auch kleine Führungen durch die Kirche. Es sind Mitglieder des Förderkreises aus Rathenow und seiner Umgebung, die diese Aufgaben seit vielen Jahren wahrnehmen.
-Mitgliederversammlung des Förderkreises Einmal im Jahr findet eine Mitgliederversammlung des Förderkreises in der Kirche statt, zu der die Menschen aus ganz Deutschland angereist kommen und manchmal auch die sieben Mitglieder aus den Niederlanden. Einmal im Jahr trifft sich auch das Kuratorium in der Kirche.
-Partnergemeinden Dem Engagement des Vorsitzenden des Förderkreises ist es zu verdanken, dass wir eine Partnergemeinde in Finnland haben, die von deutscher Seite aus von Magdalena Buchholz geleitet wird. Zu beiden Partnergemeinden in den Niederlanden und in Finnland hält der Förderkreis enge Kontakte. Auf Betreiben des Vorsitzenden des Förderkreises, Dr. Heinz-Walter Knackmuß, der auch ein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Rathenow hatte, wurde die erste Bischöfin von Norwegen und ganz Skandinavien, Rosemarie Köhn, am 28.04.2021 zur Ehrenbürgerin der Stadt Rathenow gewählt. Dr. Heinz-Walter Knackmuß hatte dafür im Vorfeld 761 Unterschriften in der Sankt-Marien-Andreas-Kirche gesammelt. Rosemarie Köhn (*20.10.1939 in Rathenow – †30.10.2022 in Hamar/Norwegen) war bis zu ihrem Tode Mitglied im Förderkreis.
- Tagungen Wissenschaftliche Tagungen, geleitet von apl. Prof. Dr. Gudrun Gleba, Mitglied im Förderkreis und im Kuratorium des Förderkreises, fanden 2022 über das Gemälde „Christus vor dem Hohen Rat“ statt und führten ca. 10 Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter und interessierte Teilnehmer aus ganz Europa nach Rathenow. Der Förderkreis hatte vorher in einem Spendenaufruf diese Tagung ermöglicht und gestaltete sie auch aktiv mit. Ebenso führt die Bundeswehr fast jedes Jahr eine militärhistorische Tagung in der Kirche mit wechselnden Soldaten und Offizieren durch.
4. Neues Bewusstsein in der Öffentlichkeit
Dem Förderkreis ist es gelungen durch die jahrelange Pressearbeit, die Sankt-Marien-Andreas-Kirche wieder als Wahrzeichen der Stadt Rathenow wahrzunehmen. Die unzähligen Artikel, die der Vorsitzende des Förderkreises zur Geschichte der Kirche, zu den Kunstgegenständen in der Kirche und zu den Spendern an die Presse geschickt hat und die auch zum großen Teil veröffentlicht wurden, haben viele Menschen animiert, den Wiederaufbau des Gotteshauses zu unterstützen. Auch wurde der Marienaltar, der sich eher in einem Dornröschenschlaf befand, dadurch wieder in das Bewusstsein der Rathenower gebracht. Die evangelischen Theologen haben ja oft ein gespaltenes Verhältnis zu den Heiligen und so war es dem Superintendenten Georg Heimerdinger, der 45 Jahre in Rathenow als Pfarrer und später als Superintendent tätig war, bis zu seinem Tode unbekannt geblieben, wen die Heiligen im Marienaltar darstellen. Nach der Einheit Deutschlands konnte man Heiligenbücher aus Bayern bekommen und da war sofort klar, wer die vier Heiligen Damen um die Mutter Gottes waren. Die Kunsthistoriker wussten es eh schon immer. Zahlreiche Presseveröffentlichungen von Dr. Heinz-Walter Knackmuß haben dieses Kunstwerk wieder in das Bewusstsein der Menschen gebracht und die Kirchenführungen tun ein Übriges, um die Geschichte des Altars auch heute noch lebendig werden zu lassen. 2011 erschien dann ein Buch mit dem Titel „Sankt-Marien-Andreas- Kirche in Rathenow“ von Viola und Dr. Heinz-Walter Knackmuß. Hier wurde die Geschichte der Orgel, das Altarbild von 1779, die Fenster im Chorraum, die Barocke Kanzel, der Wiederaufbau der Kreuzgewölbe im Mittelschiff und ein lückenloses Verzeichnis der Superintendenten seit der Reformation in Rathenow aufgezeichnet, neben vielen auch spaßigen Geschichten, die sich um die Kirche ranken. Wenn 2026 der nächste Bauabschnitt des Wiederaufbaus fertiggestellt sein wird, soll eine überarbeitete Fassung erscheinen, wo auch der Wiederaufbau des Turms beschrieben wird. Die Internetseite des Förderkreises www.rathenow-kirchen.de enthält viele Biografie der Mitglieder des Vereins, die auch zum Teil in der Presse veröffentlicht wurden. Der Förderkreis konnte alle Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg und den Bundespräsidenten als Mitglieder gewinnen. Die Biografien spiegeln auch das Rathenow vor der Zerstörung wider, denn es werden Straßen und Plätze erwähnt, die es heute gar nicht mehr gibt oder die andere Namen tragen. So ist damit auch ein Aufblühen der historischen Stadt der Optik in den Biografien eingewoben.
2023 besteht der Förderkreis 27 Jahre und hat sich in all den Jahren als die entscheidende Antriebskraft für den Wiederaufbau erwiesen. Fünf Pfarrer haben inzwischen die Gemeinde geleitet und ihre Gaben beim Wiederaufbau eingebracht, aber die Triebfeder blieb der Vorstand des Förderkreises. Ohne Gottes Segen geht es aber nach Auffassung des Förderkreises nicht und Gott hat mit Hartmut Fellenberg als stellvertretenden Vorsitzenden einen Menschen in seinen Dienst genommen, der den Umgang mit Fördermitteln und die Bauabläufe aus dem Effeff beherrscht und darüber sind wir Gott dankbar.
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