Antependien für Linum und Tarmow von Gisela Bartel
Gisela Bartel war über die Grenzen des Havellandes für ihre Handarbeiten bekannt. Seit vielen Jahren führte sie den Verein "Die Spinn-Weben" in Rathenow und war im Havelland und auf Veranstaltungen im Land Brandenburg unterwegs. Ihre Arbeit ging von der reinen Schafwolle zum Garn über. Die Herstellung wurde nach alter Tradition mit einem Spinnrad vollzogen. Eine weitere Leidenschaft war das Weben. So webte sie für ihr Leben gern Antependien.
Diese Antependien werden in allen christlichen Kirchen am Altar, an der Kanzel und am Lesepult festgemacht. Die Antependien hatten vielerlei Botschaft für die Gemeinde in deren Kirche sie hingen.
So zeigten sie in erster Linie die Kirchenjahreszeit an, in der man sich befand. Da fragt man sich zurecht, wie soll man es da erkennen?
Beispielsweise in der evangelischen Kirche gibt es 5 bzw. 6 liturgische Farben. Weiß, Rot, Grün, Violett und Schwarz (vereinzelt Rosa).
Weiß: ist die Christusfarbe. Es ist die Farbe der Unschuld, der Vollkommenheit und der Wahrheit. Die liturgische Farbe Weiß steht sinnbildlich für Jesus Christus als das "Licht der Welt". Beispiele dafür sind "das Osterfest" und "das Weihnachtsfest". Auch an Ewigkeitssonntag/Totensonntag ist diese Farbe zu finden. Grund dafür ist, dass wir Christen an die Auferstehung der Toten glauben. Wir feiern also das Leben nach dem Tod. Natürlich sind wir auch traurig. Aber als Christ kann man sich sicher sein, dass es noch ein Leben nach dem Tod bei Gott und unseren Heiland Jesus Christus gibt.
Rot: ist die Farbe des Heiligen Geistes und des Feuers. In ihr erkennen wir, dass wir ein Fest des Heiligen Geistes feiern und der Heilige Geist auch gegenwärtig ist. In der Apostelgeschichte steht zum Pfingstfest geschrieben: Und es erschienen ihnen Zungen, zerteilt wie von Feuer". Der Geist aber steht für Gemeinschaft des Heiligen Geistes und somit wird das rote Antependium an Feste aufgehängt, in denen die feiernde Gemeinde im Zentrum steht, wie zum Beispiel an Pfingsten, zur Konfirmation, zu Kirchweihfeste, zu Amtseinführungen von Kirchenbedienstete oder zur Reformation.
Grün findet man in der evangelischen Kirche für einen sehr langen Zeitraum. Diese Farbe steht für die Schöpfung und Hoffnung. Zu sehen ist sie an den Sonntagen vor der Passionszeit, nach dem Trinitatisfest (die längste Zeit des Kirchenjahres). Wo diese Farbe natürlich nicht fehlen darf, ist am 1. Sonntag im Oktober. An diesem Tag feiern viele Gemeinden das Erntedankfest.
Schwarz wird nur an zwei Tagen im Kirchenjahr genutzt. Wie auch die Schwarze Kleidung an Menschen die Trauer ausdrückt, so ist das auch bei uns in der evangelischen Kirche. Zu sehen ist diese Farbe nur an Karfreitag und an Karsamstag. Viele Gemeinden besitzen solch ein Antependium nicht. Lange wurde die Farbe auch an Ewigkeitssonntag/Totensonntag genutzt.
Violett ist die dritthäufigste Farbe im Gottesdienst. Diese Farbe gilt der Buße und der inneren Vorbereitung auf die hohen Festtage in der Kirche. Man findet sie also in der Advents- und Passionszeit. In dieser Zeit sollen die Menschen zur Buße und Umkehr aufgefordert werden und ins Reine mit Gott treten. Eine doch schwere Zeit wenn man seine Fehler und Verfehlungen eingestehen muss und diese vor Gott bringt. Auch am Buß- und Bettag ist diese Farbe vertreten.
Eine weitere Botschaft der Antepedien ist, das Wort Gottes zu verkündigen. So kann also auch diese schon eine Textstelle in der Bibel in Schrift oder Bild beinhalten.
Im Sommer 2021 hat die evangelische Kirchengemeinde Linum (Ostprignitz-Ruppin) und die evangelische Kirchengemeinde Tarmow (Ostprignitz-Ruppin) den Wunsch wieder neue Antependien in Auftrag zu geben. Der damals noch neue liturgische Vertreter des Pfarrsprengels Kevin Kama hatte sich an seine Rathenower-Zeit erinnert. So kam ihm Gisela Bartel in den Kopf und wusste über ihre Arbeit für die evangelische Kirche Rathenow. Der Zufall und Gottes Weg wollte es, dass Gisela Bartel schon an einen Kirchenjahressatz der Antependien war. So war das Thema "ICH-Botschaften von Jesus Christus" in der Arbeit. Nach ausführlicher telefonischer Rücksprache mit Gisela Bartel und den zuständigen Gemeindekirchenräten von Linum und Tarmow, ging der Auftrag an Gisela Bartel.
Zwei Termine vor Ort in Rathenow waren nötig um die Sichtung der Arbeit und die Formalitäten zu klären.
Altar: "Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern er wird das Licht des Lebens haben". (Johannes 8,12)
Kanzel: "Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende". (Matthäus 28,20)
Altar: "Ich bin die Auferstehung und das Leben". (Johannes 11,25)
Kanzel: "Ich bin das A und das O". (Offenbarung 22,13)
Altar: "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben". (Johannes 5,15)
Kanzel: "Ich bin das Brot des Lebens". (Johannes 6,35)
Altar: "Ich bin der gute Hirte". (Johannes 10,11)
Kanzel: "Ich bin ein König". (Johannes 18,37)
Eine Kirche die solch eine tolle Handarbeit bekommt kann sich wirklich Glücklich schätzen. Und jeder der nun diese Kunstwerke sieht, freut sich immer wieder aufs Neue.
In der Kirchengemeinde Tarmow lief es ähnlich ab. Auf erneute Nachfrage bekam auch die Kirche Tarmow neue Antependien. Allerdings wollte die Gemeinde ein Behang für Altar und Lesepult haben, dass das gesamte Kirchenjahr hängen bleiben kann. Für Gisela Bartel sollte auch dieser Wunsch kein Problem darstellen. Kurzer Hand machte sie zu diesen Wunsch konkrete Vorschläge die auf Begeisterung des Gemeindekirchenrates Tarmow stießen.
Altar: Schiff des Lebens - mit Jesus durch die Stürme des Lebens
Lesepult: "Ich bin das A und das O". (Offenbarung 22,13)
Am 24.10.2021 feierte die Tarmower Kirche einen Dankgottesdienst für die Antependien. An diesem Tag wurde aber auch ein Dank für das wieder angebrachte Kreuz auf dem Kirchturm gefeiert. Dieses musste nach einem Sturmschaden für eine Reperatur entfernt werden.
Linumer Kirche am 03.10.2021 - Erntedankfest
Die Linumer Gemeinde feierte zum Erntedank am 03.10.2021 einen Dankgottesdienst für die Antependien.
Im Gottesdienst am 31.07.2022 wurde für Gisela Bartel in Linum ein Verstorbenen-Gedenken gehalten. Dabei wurden im Altarraum alle Linumer Antependien aufgestellt.
Gisela Bartel verstarb nach langer Krankheit am 27.06.2022. Die Handarbeit für Linum und Tarmow waren die letzten vollendeten Kunstwerke aus ihrer Hand.
Wir danken Gott dafür, dass Gisela Bartel diesen Dienst in unserer Gemeinde tun konnte. Gerne denken beide Gemeinden an sie, wenn sie ihre Handarbeit bewundern können.
Copyright: Kevin Kama, 27.06.2023