Apotheker spendeten Marien-Urkunden Nr. 94-100 am 13.10.2024
von links: Dr. rer. nat. Hans-Hermann Schultze (Rathenow), Ulrich Wittig (Thale), Dr. rer. nat. Joachim Becker (Stendal), Klaus Kretzschmer (Strausberg), Ursula Kretzschmer, (Strausberg), Sigrid Schultze (Rathenow) , Sigrid Wittig (Thale), Kerstin Becker (Stendal)
Der erste Herbststurm tobte durch Rathenow als sich am 13.10.2024 eine Gruppe von Apothekern vor der Sankt-Marien-Andreas-Kirche traf. Sie hatten an der Humboldt-Universität zu Berlin Pharmazie studiert und 1968 ihr Staatsexamen abgelegt und freuten sich sehr, dass sie mit über 80 Jahren noch einmal ihre ehemaligen Kommilitonen wiedersahen. Nachdem sie die Altstädtische Jugendstilapotheke besucht hatten, ließen sie sich vor dem Geburtshaus des Pfarrers Johann Heinrich August Duncker in die Geschichte der Stadt der Optik einbinden. August Duncker hatte 1802 mit der Erfindung der Vielschleifmaschine den Grundstein zur optischen Industrie in Rathenow gelegt. Natürlich wurde ihnen auch die Lebensgeschichte der ersten Bischöfin von Norwegen, Rosemarie Köhn, erzählt, die eng mit der Optik in Rathenow verwoben ist, denn ihr Vater Willy Köhn hatte einst bei seinen Handelsreisen in Norwegen die Mutter Mathilde Köhn kennengelernt und nach Rathenow gebracht. Die Bischöfin Rosemarie Köhn ist die zweite Ehrenbürgerin der Stadt Rathenow. Natürlich wurde auch etwas zur Geschichte der Sankt-Marien-Andreas-Kirche erzählt, die 1190 als Romanische Kreuzbasilika errichtet wurde und in der Gotik umgebaut und zur Hallenkirche erweitert wurde. Der Förderkreis hat seit 1996 versucht, die im Zweiten Weltkrieg schwer zerstörte Kirche zum Lobe Gottes wiederaufzubauen. Seit 2023 läuft nun die letzte Phase des Wiederaufbaus der Hülle, die am 01.12.2025 abgeschlossen sein soll. Dann ist die Kirche 80 Jahre nach ihrer Zerstörung wieder als Wahrzeichen der Stadt Rathenow komplett aufgebaut. Zurzeit werden die drei Kreuzgewölbe im Chorraum, die zwei Emporen im Kirchenschiff und eine Fußbodenheizung eingebaut. Die Bundesregierung hatte durch das Engagement der SPD-Bundestagsabgeordneten Dagmar Ziegler und Johannes Kahrs dafür bei der Kulturstaatsministerin 2,75 Mio. € an Fördermitteln eingestellt, die an eine gleichhohe Förderung durch die Landesregierung in Brandenburg geknüpft war. Durch die SPD-Landtagsabgeordnete Katja Poschmann wurden von der Kulturministerin des Landes Brandenburg Dr. Manja Schüle diese 3,75 Mio. € auch bereitgestellt, sodass insgesamt 7,5 Mio. € für die letzte Aufbauphase zur Verfügung stehen. Die drei Kreuzgewölbe im Chorraum symbolisieren Gott-Vater, Gott-Sohn (Jesus Christus) und den Heiligen Geist. Der Chorraum ist das Allerheiligste in der Kirche und durfte früher nur von den Priestern betreten werden. Das hat sich in der evangelischen und katholischen Kirche verloren, nur in den griechisch-orthodoxen und russisch-orthodoxen Kirchen ist das so bis zum heutigen Tage. Die Gläubigen dürfen nur bis zu Ikonenwand. Dahinter befindet sich der Chorraum, der nur von den Priestern betreten werden darf. Deshalb bezeichnen sich diese Kirche auch als Rechtgläubige (Prawoslawny), während die anderen Kirchen vom Weg abgekommen seien. Im Kirchenschiff wurden 2010 vier Kreuzrippengewölbe neu aufgebaut, die nach der mittelalterlichen Vorstellung den Menschen symbolisieren, denn nach Hippokrates besteht der Mensch aus vier Säften (Blut, schwarze Galle, gelbe Galle und Schleim). So dachte man, wenn der Mensch aus dem Westen kommend, wo die Sonne untergeht in das Kirchenschiff eintritt, geht er unter sich selbst hindurch und kommt im Chorraum zu Gott. Zählt man nun drei und vier Gewölbe zusammen so kommt man auf die heilige Sieben und da sind wir beim Schöpfungsbericht im Alten Testament, denn an sechs Tagen hat Gott die Welt erschaffen und am siebenten Tag hat er geruht. Und so leben wir in Deutschland bis auf den heutigen Tag. An sechs Tagen wird gearbeitet und am siebenten Tag der Woche soll sich der Mensch erholen und Gott loben und preisen. Die Kreuzgewölbe sind damit auch in Stein gebaute Theologie.
Während der Bauarbeiten von 2023 -2025 musste der Böhmische Marienaltar von 1380 ausgelagert werden und soll für 162.000,00 € restauriert werden. Der Förderkreis zum Wiederaufbau der Sankt-Marien-Andreas-Kirche in Rathenow e. V. hat daher durch Kevin Kama am 14.09.2024 bei seiner ordentlichen Mitgliederversammlung eine neue Spendenaktion für die Restaurierung gestartet und gibt für 25,00 € Marien-Urkunden heraus.
Der Marienaltar ist ein einmaliges Kunstwerk der Kirche. In der Mitte steht die Mutter Gottes Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm. Vier heilige Frauen umgeben die Mutter Gottes. Von links nach rechts sind es: Die Heilige Dorothea, die Heilige Margarethe, die Heilige Barbara und die Heilige Katharina. Der Volksmund sagt: Die Margarethe mit dem Wurm, die Barbara mit dem Turm, die Katharina mit dem Radel, das sind die Heiligen Drei Madel. Der Altar ist leider an einigen Stellen beschädigt. Es fehlen Arme und der Turm der Heiligen Barbara. Der heutige Denkmalschutz erlaubt keine Reparatur der fehlenden Details. Aber Kirchen planen über Jahrhunderte. So bleibt die Hoffnung, dass ein Denkmalschutz in späteren Jahren dies doch einmal erlauben wird.
Die alten Apotheker spendeten nach der Führung um die Kirche die Marien-Urkunden 94-100 (175,00 €)
Der Förderkreis bedankt sich für die Spende.
Wer sich an den Restaurierungskosten beteiligen möchte, wird gebeten eine Spende auf das Konto des Förderkreises bei der Volksbank Rathenow einzuzahlen.
IBAN: DE07160919940001070100 Kennwort: Marienaltar
Auch die Ostdeutsche Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Mittelbrandenburgische Sparkasse Potsdam fördert die Restaurierungsarbeiten. Der Förderkreis bedankt sich dafür.
Copyright: Dr. Heinz-Walter Knackmuß, 13.10.2024